Derzeit verfolge ich die von der neuen Bundesregierung mit Bundeskanzler Friedrich Merz angekündigten grundlegenden Reformen der Sozialversicherungssysteme für Alter, Krankheit und Pflege. Davon sind wir alle unmittelbar betroffen. Dies spielt natürlich bei den Beratungen über den Bundeshaushalt 2026 im Bundestag, die sich bis zum November hinziehen werden, eine entscheidende Rolle.
Deshalb möchte ich heute mit Ihnen und Euch darüber sprechen. Dabei wird es Ihnen und Euch ähnlich gegen wie mir.

Außer Nebelkerzen und Allgemeinheiten über die Notwenigkeit von Reformen ist bisher nicht zu erkennen, was der von Merz angekündigte Reformherbst für uns als Bürger bringen wird. Dies hat sich auch in der gerade zu Ende gegangenen ersten Runde der Beratungen über den Bundeshaushalt 2026 im Bundestag nicht geändert. Wahrscheinlich ist nichts Gutes zu erwarten, wie wir aus den bereits beschlossenen Verschlechterungen beim Bürgergeld entnehmen müssen.
Ich erinnere nur an…
– die bereits im 2. Jahr erfolgende 0-Runde bei den Regelsätzen;
– die Verkürzung der Karenzzeit für Schonvermögen von 12 auf 6 Monate;
– die Verschärfung von Sanktionen bei Pflichtverletzungen;
Außerdem sollen Ukraine-Flüchtlingen zukünftig vom Bürgergeld in den Asylantenstatus mit geringeren Sozialleistungen eingegliedert werden. Allerdings gibt es noch Streit über die konkreten Bedingungen.
Bezeichnend ist…
Jetzt haben die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrer Gemeinschaftsdiagnose im Herbst 2025 einige konkrete Vorschläge gemacht – insbesondere für Verschlechterungen bei den Sozialversicherungssystemen. Die Gemeinschaftsdiagnose wird zweimal jährlich vorgelegt und dient der Bundesregierung für die Bewertung der wirtschaftlichen Lage und Prognose. Deshalb sind die Vorschläge der Gemeinschaftsdiagnose nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.
So sollen nach der Gemeinschaftsdiagnose die Renten weiter gekürzt werden
– zum einen durch die Wiedereinführung des erst kürzlich ausgesetzten sogenannten Nachhaltigkeitsfaktors. Danach verringern sich die Renten gemäß der Verschlechterung des Verhältnisses von Arbeitnehmern zu Rentnern. Diese Verschlechterung der Renten war 2005 eingeführt und erst 2021 ausgesetzt worden.
– Zum anderen sollen die Renten geringer steigen – nicht mehr wie jetzt gemäß der Löhne, sondern allenfalls nach der Inflation.
Dabei geht es um das altbekannte Muster im Verteilungskampf: Die Löcher in den Bundeshaushalten sind durch Kürzungen von Sozialleistungen zu stopfen. Dies betrifft wieder einmal vor allem die große Mehrzahl der Menschen im unteren und mittleren sozialen Bereich und vor allem die 21 Mio. Rentnerinnen und Rentner.
Um dies mental vorzubereiten werden seit Anbeginn der neuen Bundesregierung immer wieder die Sozialausgaben in Deutschland als bei weitem zu hoch gegeißelt. An vorderster Front steht dabei Bundeskanzler Merz, der unseren Sozialstaat als nicht mehr finanzierbar bezeichnet. Mit medialer Empörung wurde die Reaktion der SPD Bundesarbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas zurückgewiesen, die diese Aussage als „Bullsheet“ bezeichnete.
Bezeichnend war die Rede von Ministerin Bas bei der Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag. Sie zeichnete sich vor allem dadurch aus, dass die Gemeinsamkeiten mit dem Bundeskanzler bei der Sicherung der Zukunftsfähigkeit unseres Sozialstaates hervorgehoben wurden. Hierbei kann nur die Frage gestellt werden, ob dies der Tribut an die Umfragezuwächse der AFD und die Umfragerückgänge der SPD sind.
In jedem Fall werden wir als Bürger alle Hände voll zu tun haben, damit wir nicht wieder als Verlierer der Verteilungskämpfe auf der Strecke bleiben. Die Verschlechterungen beim Bürgergeld sowie die ständigen Erhöhungen der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung mit den Vorschlägen zur Verschlechterung der Leistungen zeigen die Richtung der Politik der Bundesregierung.
Gleichzeitig werden Vorschläge zur sozialen Gerechtigkeit durch Erweiterung der Beitragszahler und Beiträge in der Sozialversicherung von CDU und CSU kategorisch abgelehnt. Gleiches gilt für die Erhöhung der Steuern auf hohe Einkommen, Kapitalerträge, oder Übergewinne von Konzernen.
Es ist mithin an der Zeit, rechtzeitig deutlich zu machen, worum es wirklich bei den ohne Zweifel notwendigen Reformen der Sozialversicherung geht: Es ist nicht die demographische Entwicklung, die lange bekannt, aber von jeder Politikergeneration neu erfunden wird. Es geht vielmehr um die Verteilung von Wohlstand zwischen Arm und Reich.
Wenn wir nicht rechtzeitig gegenhalten wird die soziale Spaltung – dann als Demographieproblem – nur weiter fortgesetzt.

