Zweiklassengesellschaft bei Mindestlohn

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Sollten tatsächlich Langzeitarbeitslose vom gesetzlichen Mindestlohn ausgeschlossen werden, bedeutet dies nicht nur die Amputation eines wesentlichen Standbeins, sondern auch den Ausschluss von beinahe 1 Million ALGII Empfängern. Etwa  600 000 sind nach langjähriger Beschäftigung mit der Zahlung von Arbeitslosenversicherungsbeiträgen und Steuern in die Arbeitslosigkeit gedrängt worden. Nicht nachvollziehbar ist, wenn jetzt in dem Gesetzentwurf aus dem BMAS Langzeitarbeitslose für die ersten sechs Monate und Eingliederungsförderung über Lohnkostenzuschüsse durch die BA vom gesetzlichen Mindestlohn ausgeschlossen werden. Die Lohnkostenzuschüsse sollen ja gerade dazu eingesetzt werden, Minderleistungen auszugleichen. Dann müsste auch für diese Langzeitarbeitslosen der Mindestlohn gelten.

Sie würden durch den Ausschluss von einem gesetzlichen Mindestlohn damit gleich zweimal um ihre Ansprüche gebracht. Zum einen wurden im Zuge der sog. Arbeitsmarktreformen sowohl in der schwarz-gelben Kohl Regierung wie vor allem den rot-grünen Hartz Gesetzen die Zugangsvoraussetzungen zu den Arbeitslosenversicherungsleistungen (ALGI) immer weiter verschärft. Zum anderen hat die Agenda 2010  durch den Abfall von der vorherigen Arbeitslosenhilfe in die  schlechteren ALGII Leistungen sowie die gleichzeitige erhebliche Verkürzung des ALGI Bezuges immer mehr Arbeitslose in die Armutsfalle Hartz IV getrieben. So sind  Arbeitnehmer, die von ihrem Einkommen Steuern und die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung leisten müssen,  im Falle der Arbeitslosigkeit nur noch zu einem Drittel durch die Arbeitslosenversicherung geschützt. Zwei Drittel landen trotz ihrer Pflichtversicherung in Hartz IV. Wohlgemerkt: dies sind bundesweite Durchschnittswerte. In einigen Kommunen z.B. im Ruhrgebiet, das von den Strukturkrisen besonders gebeutelt ist, beziehen nicht einmal mehr 20 Prozent der Arbeitslosen Versicherungsleistungen.

Hinzu kommen die 1,3 bis 1,4 Millionen Aufstocker, deren Löhne so niedrig sind, dass sie zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zusätzlich Hartz IV beziehen müssen. Etwa eine halbe Million von ihnen sind Minijobber -  vor allem Frauen- die durch die Öffnung der gesetzlichen Scheunentore für derartige Niedriglohnjobs ohne Sozialversicherung in Armut trotz Arbeit leben müssen. Die gebetsmühlenhaftig vorgebrachte Behauptung, Auch viele Leiharbeitnehmer mit Niedriglöhnen gehören zu den Aufstockern. Die Wirtschaft hat sich auf diese Zweiklassengesellschaft auf dem Arbeitsmarkt gut eingerichtet. Die Steuerzahler finanzieren diesen gigantischen Kombilohnsektor mit annähernd 50 Mrd. Euro im Jahr.

Es ist daher kein Wunder, wenn die Arbeitgeberverbände mit allen Mitteln versuchen, den gesetzlichen Mindestlohn zu durchlöchern. Wenn sie es schon nicht bei der Anhebung der Altersgrenze für Jugendliche auf 25 Jahre schaffen, dann zumindest bei den Langzeitarbeitslosen. Hiermit würde die Zweiklassengesellschaft im Gefolge der Hartz Gesetze und der Agenda 2010  zementiert. Der Wirtschaft bliebe ein erhebliches Druckmittel auf Löhne und Arbeitsbedingungen erhalten.

Ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro verdient nur dann seinen Namen, wenn er auch für Langzeitarbeitslose und Minijobber gilt.

 

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