Armut spaltet Gesellschaft

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Der von beachtlicher öffentlicher Aufmerksamkeit begleitete jüngste Armutsbericht für das Jahr 2014 des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes macht wieder einmal mit aller Härte deutlich: die Schere zwischen unten und oben in der Gesellschaft weitet sich auch in den Jahren guter Entwicklung von Wirtschaft und Beschäftigung aus. An Stelle nach Lösungen zur Bekämpfung der seit Jahren anhaltenden Spaltung in der Gesellschaft zu suchen, wird beckmesserisch vor allem von hervorragend besoldeten Ökonomen das Konzept der Armut nach EU- und OECD Standards mit 60 Prozent vom mittleren Einkommen in Frage gestellt. Die bekannten Argumente, dass Armut im Vergleich zu anderen Teilen der Welt, in Deutschland kaum von Armut zu sprechen ist, können auch bei häufigem Wiederholen nicht an politischer Verantwortung gewinnen. Natürlich ist eine Definition der Armut von unter 1 Dollar pro Tag in der unterentwickelten Welt nicht mit dem „Armutsmedian“ in Deutschland von etwa 900 Euro für Alleinstehende und 2000 Euro für Familien mit zwei Kindern vergleichbar. Allerdings sind Armut und Ausgrenzung in einem der reichsten Länder besonders bitter für die betroffenen Menschen.

Dabei weitet sich die Schere in Deutschland für Einkommen und Vermögen. Gemessen am mittleren Einkommen gelten 15,4 Prozent der Bevölkerung als arm; während die oberen 10 Prozent inzwischen 51,9 Prozent des Vermögens besitzen (1998: 45,1 Prozent), müssen sich die unteren 50 Prozent mit einem Prozent begnügen (1998: 2,9 Prozent). Gravierende Unterschiede bestehen in der Armutsquote zwischen den Bundesländern mit 11,4 Prozent in Baden-Württemberg sowie danach Bayern und Hessen am unteren Rand und Bremen (24,1 Prozent) sowie das Ruhrgebiet mit 20 Prozent ganz oben. Besonders dramatisch ist der überdurchschnittliche Anstieg der Armut in den Rentnerhaushalten seit 2005 um 46 Prozent auf 15,6 Prozent.

Ein weiterer deutlicher Hinweis auf die Spirale der Altersarmut ist die Verdoppelung der Zahl der Rentner, die von ihrer Rente nicht leben können und daher Grundsicherung beantragen müssen, von 258 000 auf 512 000 für den Zehnjahreszeitraum 2003 bis 2014. Nach der gravierenden Absenkung des Rentenniveaus in der Riesterreform von 2001 mit einem Abfall des Rentenniveaus auf unter 43 Prozent wird sich die Zahl der Armutsrentner bis 2025 noch einmal auf 1 Mio. verdoppeln. Skandalös sind außerdem der weit überdurchschnittliche Anteil der Armut bei Erwerbslosen mit 58 Prozent, Alleinerziehenden mit 42 Prozent und Kindern mit 19 Prozent.

Dringend erforderlich ist ein Paradigmenwechsel in der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Das Credo des Bundesfinanzministers für die „Schwarze Haushaltsnull“ trotz gravierender finanzieller Belastungen vor allem der Kommunen zur Integration der Flüchtlinge muss beendet werden. Dringendste Erfordernisse sind: ein gerechter Finanzausgleich zugunsten von Kommunen und Investitionen in die Infrastruktur; eine sozial gerechte Besteuerung von Spitzeneinkommen, hohen Vermögen sowie Erbschaften, Kapitalerträgen und Finanztransaktionen.

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