Rede bei der 1.Mai-Kundgebung des DGB in Plauen

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Am 1. Mai 2013 habe ich die Rede beim DGB in Plauen gehalten. Der Tag der Arbeit war gemeinsam mit dem Theater organisiert. Erinnert wurde dabei an die Weberaufstände und den Niedergang der Textilindustrie. Für viele der noch verbliebenen Arbeitsplätze sind die Löhne niedrig und immer weniger Arbeitnehmer durch Tarifverträge und Betriebsräte geschützt.  Stark zugenommen haben prekäre Arbeitsverhältnisse und vor allem die Leiharbeiter. Die Forderungen der Gewerkschaften nach einheitlichen gesetzlichen Mindestlöhnen nicht unter 8,50 Euro hat für diese Region besondere Bedeutung.

hier mein Redetext:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Wir durchleben in der Bundesrepublik und in Europa die größte Umverteilung von unten nach oben. Was der Neoliberalismus in den vergangenen beiden Jahrzehnten beim Abbau des Sozialstaates nicht geschafft hat, erledigen jetzt eine „entgrenzte“ Finanzwirtschaft und unfähige wie korrupte Regierungen mit bislang ungekannter Brutalität. Unsere Demokratie wird durch EU Gipfelbeschlüsse a la „Merkosy“ immer mehr in Frage gestellt. Regierungen und Parlamente lassen sich zu „Abnickmaschinen“ degradieren und missbrauchen.

Kolleginnen und Kollegen, es ist höchste Zeit, die Verursacher und Nutznießer der Finanzkrisen zur Verantwortung zu ziehen. Deshalb fordern wir die Wiederanhebung des Spitzensteuersatzes für die Reichen, die Wiedereinführung der Vermögensteuer für die kleiner werdende Gruppe mit den immer größeren Vermögen und eine wirksame Erbschaftssteuer – und nicht den derzeitigen löchrigen Käse!

Wir wollen anständige Kinderbetreuung, Schulen, einen verlässlichen öffentlichen Nah- und Fernverkehr, bezahlbare öffentliche Leistungen vor allem für Wasser und Strom und für alle zugängliche Einrichtungen des Sports und der Kultur. Ich finde es daher besonders gut, dass der DGB  diesen 1. Mai 2013 hier in Plauen gemeinsam mit dem Theater durchführt.

Nur die Reichen können sich einen armen Staat leisten.

Und Kolleginnen und Kollegen – es muss endlich Schluss gemacht werden, mit dem unsäglichen Theater um den Steuerbetrug des bayrischen Fußballstars und Amigos, Uli Hoeneß. Seine Heuchelei und diejenige seiner Freunde kennen inzwischen keine Grenzen mehr. In zahlreichen Talkshows hat er sich vor der Republik als Biedermann dargestellt und gegen die Steuerhinterziehung gewettert. Jetzt lässt er sich scheibchenweise seine eigenen Steuer-Betrügereien aus der Nase ziehen, während Amigos und Kofferträger seine Selbstanzeige rühmen, die weder rechtzeitig noch wahrheitsgemäß abgegeben wurden.

Wie für jeden Arbeitnehmer muss auch für Fußballstar Hoeneß gelten: Steuerbetrug ist kein Kavaliersdelikt und muss wirksam verfolgt und unterbunden werden. Dies gilt auch für Bayern und die CSU!

Und die müssen noch weitere Lektionen lernen: Auch die Beschäftigung von Ehefrauen, Kindern und sonstigen Verwandten von Landtagsabgeordneten bis zum Faktionsvorsitzenden auf Staatskosten -und das auch noch über Jahrzehnte hinweg-  ist Betrug am Steuerzahler und als solcher zu bestrafen.

Soziale Spaltung nimmt zu

Die Schere zwischen arm und reich geht weiter auseinander. In den EU Krisenländern werden immer mehr Menschen in das Elend getrieben. Wir hinterlassen bei unseren Kindern und Enkeln eine verlorene Generation.

Über die Hälfte der jungen Menschen sind in Griechenland und Spanien ohne Arbeit und Ausbildung. Welche Zukunft hat die Europäische Integration, wenn inzwischen ein Viertel der jungen Europäer ohne Perspektiven sind. Auch in der Bundesrepublik, dem derzeit wirtschaftlich stärksten Geberland in der EU,  nimmt die Spaltung der Gesellschaft zu.

Der vierte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung hat es jetzt trotz Verwässerung durch FDP Chef Philip Rösler erneut bestätigt: Mit bald einem Viertel haben bei uns Niedriglöhne und Armut bei Arbeit sowie im Alter in wenigen Jahren Rekordwerte erreicht. Gleichzeitig verfügen die reichsten 10 Prozent der Haushalte über mehr als die Hälfte des gesamten Nettovermögens der Bundesrepublik; die gesamte untere Hälfte der Einkommensbezieher nur etwa ein Prozent. Mit 7 Millionen Menschen ist fast ein Zehntel unserer Bevölkerung in der Armutsfalle von Hartz IV gefangen. Unsichere Arbeitsverhältnisse nehmen drastisch zu: Junge Menschen werden oft nur noch befristet eingestellt;

Ich kann die Krokodils-Tränen über die niedrige Geburtenrate der zumeist männlichen Führungselite in unserem Land nicht mehr ertragen. Wenn junge Menschen in diesem Land nur noch über Praktika, befristete Beschäftigung und Leiharbeit zu Niedriglöhnen eingestellt werden, wie kann dann von ihnen erwartet werden, dass sie die Verantwortung für Familie und Kinder übernehmen.

Die beste Familienpolitik ist die Reregulierung in der Arbeitsmarktpolitik, eine echte Gleichstellung von Männern und Frauen bei der Arbeit und in der Familie sowie quantitativ und qualitativ ausreichende Kinderbetreuung.

Aber auch das gesellschaftliche Klima in Deutschland muss sich drastisch ändern und kinderfreundlich werden!

Frauenpolitik

Die schwarz-gelben Diadochenkämpfe zwischen den Ministerinnen von der Leyen und Schröder sowie der Bundeskanzlerin und die medienwirksamen Heucheleien um die Frauenquote müssen umgehend beendet werden.

Die Frauen, Männer und Kinder in Deutschland brauchen Arbeit mit Einkommen und Arbeitsbedingungen, die überhaupt erst die Erziehung von Kindern ermöglichen. Die Frauen brauchen nicht nur die Quote in Aufsichtsräten und Vorständen. Sie brauchen in erster Linie faire Löhne und Arbeitsbedingungen auf allen Ebenen der Betriebshierarchien.

An Stelle der unverbindlichen PR-Auftritte von Wirtschaft und Bundesregierung zur Frauenförderung ist endlich ein verbindliches Gleichstellungsgesetz für die private Wirtschaft einzuführen.

Prekäre Beschäftigung

Und nun zur Leiharbeit: Den Gewerkschaften -allen voran der IGMetall- ist es in mühseliger Arbeit gelungen, für einzelne Branchen und Konzerne anständige Löhne und eine Begrenzung der Leiharbeit durchzusetzen. Doch die große Mehrzahl der Leiharbeitnehmer muss sich zu Dumpinglöhnen verdingen. Schlecker und Amazon sind nur die Spitze eines Eisbergs für die eklatanten Missbräuche bei der Leiharbeit;

Die nach 6 Jahren mühseligen Kampfes der Gewerkschaften durchgesetzte Lohnuntergrenze bei Leiharbeit von 7,50 Euro im Westen und 7,01 Euro im Osten reicht keinesfalls aus, der Armutsfalle trotz Arbeit zu entkommen.

Trotzdem gehen immer mehr Arbeitgeber dazu über, eine  noch erfolgreichere Lohndrückerei über den Missbrauch mit Werkverträgen zu betreiben, oft unter fünf bis zu zwei Euro in der Stunde. Bei den Schlachthöfen sind von den etwa 30 000 Beschäftigten inzwischen ein Drittel über Werkverträge und damit in weitgehender Schutz- und Rechtlosigkeit tätig.

Bezeichnend ist: Als Ursprung des 1.Mai gelten die Schlachthöfe in Chicago, in denen 1886 wegen unmenschlicher Arbeitsbedingungen große Streiks stattfanden, die durch das Militär blutig niedergeschlagen worden waren.

Oder betrachten wir den Skandal der ausgeuferten Minijobs – jetzt 450 Euro Jobs. Bei 7,4 Millionen vor allem Minijobber/innen sind sie inzwischen zu einer gigantischen Armutsfalle bei Arbeit und im Alter geworden.

Kolleginnen und Kollegen: Wir brauchen  einheitliche gesetzliche Mindestlöhne nicht unter 8,50 Euro in der Stunde. Dabei muss endlich Schluss sein mit der Diskriminierung der Arbeitnehmer im Osten. Bald ein Viertel Jahrhundert nach der Deutschen Einheit ist es endlich an der Zeit die gravierende Lohnlücke von ebenfalls bald einem Viertel zu schließen.

 Darüber hinaus brauchen wir „gleichen Lohn für gleiche Arbeit“ bei Leiharbeit, ausreichende Schutzregelungen bei Werkverträgen, Ersatz der Minijobs durch reguläre Teilzeit- und Vollzeitarbeit mit Sozialversicherung.

Und Kolleginnen und Kollegen, Wir müssen endlich den Marsch in Altersarmut stoppen. Rente ist kein Almosen des Staates; wir haben dafür mit unseren Beiträgen während jahrzehntelanger harter Arbeit teuer bezahlt. Wir haben ein Recht auf angemessene Rentenleistungen im Alter. Es ist beschämend, wie wir jetzt mit den Almosen von Armutsrenten abgespeist werden sollen.

Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob sie einen so klingenden Namen haben wie Lebensleistungsrente. Es bleibt der fade Nachgeschmack: Die Bedingungen sind so hoch gesetzt, dass sie die wirklich bedürftigen Rentner kaum erfüllen können – und nach einem langen und harten Arbeitsleben den Gang zum Sozialamt antreten müssen.

Notwendig ist die Streichung der willkürlichen Absenkung der Rentenleistungen durch Riester- und Rürup-Renten sowie Nachhaltigkeits- und Nachholfaktoren. Ebenfalls muss die Rente mit 67 nicht nur aufgeschoben, sondern aufgehoben werden!

Schließung der Lücken zwischen Ost- und Westrenten

Und Kolleginnen und Kollegen: Bald ein Viertel Jahrhundert nach der Deutschen Einheit ist es ebenfalls dringend an der Zeit, die gravierenden Lücken der Renten Ost zu den Renten West zu schließen. Wir habe hier zwar das Wort der Bundeskanzlerin seit Jahren – allerdings es fehlen die Taten! Die müssen wir mit aller Kraft einfordern!

Kolleginnen und Kollegen: Dieser 1.Mai 2013 liegt im Jahr schicksalhafter Bundestagswahlen. Es geht um unseren Sozialstaat und die Demokratie insgesamt. Daran werden wir die Parteien und die Bundestagskandidaten messen.

Kampf gegen Rechtsradikalismus

Ihr führt hier in Südwestsachsen seit Jahren den Kampf gegen das Erstarken der rechtsradikalen Kräfte. Ich möchte von hier aus sagen: Lasst uns an diesem 1.Mai 2013 noch einmal bekräftigen:

Wir kämpfen weiter mit aller Kraft und Macht gegen „Rechts“ und lassen uns nicht einschüchtern. Ich unterstütze voll Eure Petition gegen Thor Steinar Laden in Plauen und ähnliche Einfallstore der Rechtsradikalen in Zwickau, Chemnitz und an jedem anderen Ort.

 Das endlose unwürdige Gezerre und die erschreckenden Enthüllungen des Amtsversagens um den in einer Woche beginnenden Prozess gegen Zschäpe und die verheerenden Nazimorde zeigt einmal mehr: Die NPD muss endlich verboten werden. Sie hat keinen Platz in unserer Demokratie. Aber genauso entscheiden müssen wir dafür kämpfen, dass die Ursachen für rechtsradikale Tendenzen in unserer Gesellschaft beseitigt werden.

Dazu gehört unser Kampf für die Erhalten und Zukunftsfähigkeit unseres Sozialstaates und unserer Demokratie. Wenn Menschen auf Dauer und massiv  Erziehung, Ausbildung, Arbeit und Lebensperspektiven verweigert werden, sind rechtsradikale Kräfte eher erfolgreich.

Auch deshalb wollen wir an diesem 1. Mai 2013 Deutlich machen: Wir stehen für die Zukunft unseres Sozialstaates und unserer Demokratie in Plauen, Südwestsachsen, der Bundesrepublik und Europa.

 >>> Pressestatement

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