Bündnis: Mütterrente gerecht gestalten!

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Mit dem Rentenpacket vom 1.7.2014 wurden erstmals seit Jahrzehnten wieder Verbesserungen bei den gesetzlichen Rentenleistungen durchgesetzt. Für die Frauen konnte die längst überfällige Ungerechtigkeit bei der Mütterrente angepackt werden. Damit wurde endlich die willkürliche Schlechterstellung in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Frauen aufgegriffen, deren Kinder vor 1992 geboren waren. Für sie wurde in der gesetzlichen Rentenversicherung nur ein gegenüber drei Rentenversicherungspunkten für später geborene Kinder angerechnet. Allerdings gibt es hierbei gravierende Schwachstellen, die dringend beseitigt werden müssen: So ist es nicht vertretbar, dass nur zwei Rentenpunkte für die vor 1992 geborenen Kinder anerkannt werden, während es für die nach 1992 geborenen Kinder für die Mütter drei Rentenpunkte gibt. Ebenfalls ist nicht nachvollziehbar, weshalb für die im Osten geborenen Kinder niedrigere Rentenpunkte anerkannt werden als im Westen. Zumindest hierbei wäre ein dringend notwendiger erster Schritt zur Angleichung der Renten Ost an West geboten. Die Kinder im Osten dürfen Staat und Gesellschaft nicht weniger wert sein als die Kinder im Westen. Außerdem führen die derzeitigen Regelungen der Mütterrente auch nicht zu der drängenden Bekämpfung der Altersarmut, da die Mütterrente auf die Grundsicherung im Alter angerechnet wird. Nicht zu rechtfertigen ist zudem die Finanzierung der Mütterrente von immerhin etwa 10 Mrd. Euro im Jahr weitgehend aus Beiträgen. Notwendig wäre deren Finanzierung als gesamtgesellschaftliche Familienleistung aus Bundessteuern.

Ein Bündnis aus Gewerkschaften, Sozial- und Frauenverbänden hat am 3. Oktober  zu einer bundesweiten Unterschriftenaktion „Für eine gerechte Mütterrente“ aufgerufen. Diese sollen am 1. Juni nächsten Jahres der Bundeskanzlerin übergeben werden. Zielsetzung ist, die weiterhin vorhandenen Ungerechtigkeiten bei der Mütterrente abzubauen: Für alle Mütter sind unabhängig vom Geburtsjahr ihrer Kinder drei Rentenpunkte anzurechnen; zudem sind die willkürliche Benachteiligung von Müttern und Kindern im Osten zu beseitigen und die Rentenpunkte Ost an die höheren Leistungen im Westen anzugleichen. Darüber hinaus müssen diese gesamtgesellschaftlichen Familienleistungen aus Bundessteuern und nicht aus Beiträgen finanziert werden. Ansonsten wird die Gefahr verstärkt, dass nach Aufzehrung der derzeit noch hohen Rücklagen in der gesetzlichen Rentenversicherung das politische „Gezerre“ um die dann notwendige Erhöhung der Beiträge zu weiteren Einschränkungen bei den Rentenleistungen führt. Dies würde wiederum die Nachteile der Frauen bei den Altersrenten verschärfen.

Bekämpfung der Altersarmut

Erforderlich sind weitere Maßnahmen zur Verringerung von Rentenlücken und Altersarmut von Frauen. Dabei muss an den immer noch bestehenden erheblichen Nachteilen von Frauen in Beschäftigung und Beruf angesetzt werden: der dramatischen Ausweitung prekärer Beschäftigung, vor allem der Minijobs, mit der häufigen Folge von Armut bei Arbeit, sowie den Verschlechterungen bei den Rentenleistungen seit vielen Jahren.

Einerseits haben Frauen wegen der niedrigeren Erwerbstätigkeit, die zwar in den letzten Jahren erheblich gestiegen ist – aber immer noch geringer als die der Männer – weniger Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung leisten und damit Rentenansprüche erwerben können. Dies gilt für Frauen im Westen in stärkerem Ausmaß als für Frauen im Osten, die in der ehemaligen DDR in höherem Maße berufstätig waren. Inzwischen sind zwar auch erheblich mehr Frauen im Westen erwerbstätig. Allerdings arbeiten im Schnitt 40 Prozent der Frauen in Deutschland Teilzeit, davon ein großer Teil in Minijobs ohne Sozialversicherungsbeiträge und entsprechend Ansprüche an gesetzliche Renten. Von den insgesamt 7,4 Millionen Minijobbern sind zwei Drittel Frauen. Betroffen hiervon sind viele Alleinerziehende, wieder vorwiegend Frauen, für die die Armutsfalle bereits während der Arbeit voll zuschnappt und sie auch mit Armutsrenten darin gefangen hält.

Außerdem ist es immer noch nicht gelungen, die gravierende Lohnlücke von zwischen 23 und 25 Prozent zu Lasten der Frauen zu schließen. Bei den Minijobs und dem „Pay Gap“, die eng miteinander zusammenhängen hält Deutschland in der EU seit Jahren die „Rote Laterne“. Darüber hinaus tragen die stetigen Verschlechterungen der Renten und die Heraufsetzung des Rentenalters auf 67 Jahre zusätzlich zur drohenden Ausweitung der Altersarmut bei. Schon heute liegen die durchschnittlichen Altersrenten für Frauen bei etwa der Hälfte derjenigen für Männer.

Dringend erforderlich ist aber auch, die sog. Frauenberufe in den meist personenbezogenen Dienstleistungen aufzuwerten und höhere Löhne sowie berufliche Entwicklungsperspektiven zu ermöglichen. Dies gilt insbesondere für die in einer alternden Gesellschaft zunehmend an Bedeutung gewinnenden Gesundheitheits- und Pflegeberufe, aber ebenso die Tätigkeiten in Erziehung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Auch die Tätigkeiten in Handel,  Hotel-, Gaststättengewerbe und im Touristik Sektor, die zunehmend höhere Qualifikationen und Leistungen erfordern, müssen besser vergütet werden. Vor allem auch sind die Arbeitsbedingungen human zu gestalten sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu beachten. Entscheidend ist, dass die Frauen ihre Erwerbstätigkeit durchhalten sowie Qualifizierungs- und Aufstiegsmöglichkeiten nutzen können. Dann wäre auch über das gesamte Berufsleben ein Einkommen für ausreichende Beiträge und entsprechend Ansprüche an die Rentenversicherung vorhanden.

Politik und Arbeitgeber sind gefordert, die kontinuierliche Berufstätigkeiten der Frauen durch geeignete Kinderbetreuung, sonstige Familienleistungen, flexible Gestaltung von Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen sowie Entlastungen während der Phase der Kindererziehung, aber auch der Pflegeleistungen für Angehörige zu ermöglichen und zu fördern. Frauen, die nach der Familienphase wieder in den Beruf einsteigen, müssen bessere Erwerbschancen geboten werden. Vor allem sind die Minijobs in reguläre Teilzeit und Vollzeit mit Sozialversicherungspflicht umzuwandeln.

Darüber hinaus müssen die Renten gerade für Frauen mit geringen Einkommen erheblich aufgebessert werden, um ihnen im Alter den Gang zum Sozialamt zu ersparen. Hierfür müssen im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung geeignete Leistungen gewährt werden, durch Aufwertung der durch Arbeit erworbenen Rentenpunkte und/oder Verringerung der Anrechnung eigener Rentenansprüche auf die Grundsicherung. In keinem Fall dürfen die Hürden für derartige Solidarrenten durch Mindestbeschäftigungs- und Beitragszeiten oder dem Nachweis von Zusatzrenten so hoch gesetzt werden, dass sie von den wirklich bedürftigen Frauen gar nicht in Anspruch genommen werden können. Der seit Anfang des Jahres geltende gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro kann für die betroffenen Frauen eine wichtige Hilfe sein und darf nicht durchlöchert werden. Allerdings reicht er kaum aus, davon eine existenzsichernde Altersrente zu erwerben.

Insgesamt ist nach wie vor noch viel Aufholarbeit zu leisten, um das Gleichberechtigkeitsgebot in unserem Grundgesetz in den Köpfen und Herzen von Männern und Frauen in Deutschland zu verankern. In Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssen endlich die Weichen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und Männer gestellt werden. Dabei ist sicherzustellen, dass die  berechtigten Interessen und Anliegen der Kinder und damit unser aller Zukunft, ausreichende Berücksichtigung finden.

>>> Mütterrente Unterschriftensammlung

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