Mindestlohn mit Wehrmutstropfen

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Mit der breiten Entscheidung des Bundestages für das Tarifverstärkungsgesetz ist ohne Zweifel ein wichtiger Durchbruch bei der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes erreicht. Dies ist ein längst überfälliger Schritt und eine wesentliche Ergänzung zu den tariflichen Mindestlöhnen, die in den beinahe 20 Jahren  seit ihrer Einführung nur für etwa 10 Prozent der annähernd 30 Millionen abhängig Beschäftigten durchgesetzt werden konnten.  Zum einen hätte die explosionsartige Ausbreitung der Niedrig- und Dumpinglohnsektoren  in der Bundesrepublik nach der Deregulierung des Arbeits- und Sozialrechtes in den Hartz Gesetzen- vor allem Hartz IV- vermieden werden können. Zum anderen wird hiermit zu der überwiegenden Mehrheit der Mitgliedsländer in der Europäischen Union sowie in den USA aufgeschlossen, in denen bereits seit vielen Jahren  gesetzliche Mindestlöhne gelten. Als bittere Wehrmutstropfen bleiben allerdings Ausnahmen für Millionen Menschen- etwa eine Million Langzeitarbeitslose, über 400 000 junge Menschen bis 18 Jahren sowie weitere 100 000nde von Praktikanten, Saisonarbeitskräften und Zeitungszustellern. Unabhängig davon wird der ab 2015 bis 2017 geltende Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde nur in wenigen Fällen aus der Hartz IV Falle herausführen und Armut im Alter vermeiden.

Wenn die SPD die Kritik von Gewerkschaften und Sozialverbänden an den Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn  als überzogen zurückweist, wird dies in den Ohren der betroffenen Arbeitnehmer bitter klingen. Befremdet werden dies auch alle diejenigen zur Kenntnis nehmen, die Verantwortung für die praktische Umsetzung und Kontrolle dieser Mindestlohneinführung in Etappen sowie mit Aus- und Umwegen tragen. Gerade für die häufig von Dumpinglöhnen betroffenen ausländischen Arbeitnehmer  wird es besonders schwierig, wenn nicht gar unmöglich werden, den gesetzlichen Mindestlohn durchzusetzen.  Zudem ist durch die Ausnahmen für einzelne Wirtschafts- und Tätigkeitsbereiche die rechtliche Zulässigkeit infolge der Ungleichbehandlung gefährdet.

Darüber hinaus würden es Ehrlichkeit und Fairness gegenüber den betroffenen über 5 Millionen Menschen verlangen, deutlich zu machen: Zusätzlich zu den zunächst ausgeschlossenen Arbeitnehmern gilt der Mindestlohn von 8,50 erst ab 2017, wenn die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände in Tarifverträgen niedrigere Stundenlöhne vereinbart haben oder noch vereinbaren.  Zudem wird entgegen der im Tarifverstärkungsgesetz ausdrücklich genannten Zielsetzung überhaupt nur für wenige Vollzeitbeschäftigte, vor allem Singles, der Weg aus der Hartz IV Falle möglich sein. Altersarmut ist mit einem Stundenlohn von 8,50 ebenfalls nicht zu vermeiden. Dies gilt umso mehr, je länger Arbeitnehmer auf den Stundenlohn von 8,50 warten müssen, je später die Anhebung des Mindestlohnes beginnt und je geringer sie ausfällt.

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