Internationalen Frauentag 2013

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„Heute für morgen Zeichen setzen“ – Unter diesem Motto hat ein Frauen-Bündnis aus Gütersloh den Internationalen Frauentag 2013 ausgerichtet. Die Hauptveranstaltung im Kreishaus stand unter dem Thema: „Prekäre Beschäftigung, Teilzeit, Mini-Jobs – Eine Falle für Frauen!“ Zu diesem Frauen-Netzwerk gehören die Gleichstellungsstellen in Kreis und Stadt, der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften sowie das Kompetenzzentrum Frau  und Beruf. In einer lebhaften Diskussion waren sich die Frauen aus den verschiedenen Institutionen und Parteien darüber einig, dass mit Blick auf die im September anstehenden Bundestagwahlen eine gemeinsame Initiative zur Überwindung der Armutsfalle bei Arbeit und im Alter durch die Minijobs vor allem für Frauen dringend erforderlich ist. Grundsätzlich sind alle Arbeitsverhältnisse -unabhängig von der Stundenzahl- in die Sozialversicherungspflicht einzubeziehen. Darüber hinaus ist die Einführung einheitlicher gesetzlicher Mindestlöhne nicht unter 8Euro50 in der Stunde unerlässlich.

Dieser Internationale Frauentag 2013 fällt auf ein besonderes Jahr. Am 22. September finden die nächsten Wahlen zum Deutschen Bundestag statt. Der gerade vom Bundeskabinett beschlossene Armuts- und Reichtumsbericht erregt nicht nur wegen seiner „Weichspülung“ auf Betreiben des FDP Bundeswirtschaftsministers Rösler die Gemüter, sondern vor allem durch die ungerechte Verteilung von Bildung, Arbeit,  Einkommen, Vermögen und damit der Lebensperspektiven vieler Menschen. Beigetragen haben dazu die Hartz-Gesetze, die sich zum zehnten Male jähren. An ihrer kontroversen Bewertung hat sich seit dem Beginn dieses gravierenden Paradigmenwechsels in der Arbeitsmarktpolitik nicht viel verändert. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder sowie sein Ex-Superminister für Wirtschaft und Arbeit, Wolfgang Clement, werden nicht müde, ihre Reformen zu loben, ihren Stolz über die gute Performance Deutschlands in Wirtschaft und Beschäftigung sowie dem Rückgang bei der Arbeitslosigkeit zum Ausdruck zu bringen und dies als Patentrezept für die Europäische Union und vor allem die südeuropäischen Krisenländer zu empfehlen. Die Kritiker auf Seiten der Sozialverbände und Gewerkschaften verweisen zu Recht auf den explodierten Niedriglohnsektor, die drastisch gestiegene Armut und die bedrohliche Spaltung unserer Gesellschaft.

 Wie uns gerade wieder die wirtschaftsliberale Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ins Stammbuch geschrieben hat, sind die Beschäftigungsnachteile in Deutschland für Frauen nach wie vor besonders stark ausgeprägt. Sie haben zwar eine hohe Beteiligung an der Erwerbstätigkeit erreicht, liegen allerdings bei der Stundenzahl am untersten Ende. Dies ist ausschlaggebend für die anhaltend hohe Lohndiskriminierung, die mit 22 Prozent weit über dem Durchschnitt der Europäischen Gemeinschaft liegt.

 Wenn als Begründung hierfür immer wieder der mit etwa der Hälfte besonders hohe Anteil der Teilzeitarbeit bei Frauen genannt wird, ist dies nur die halbe Wahrheit. Gerade Frauen werden immer mehr in die geringfügige Beschäftigung abgedrängt. Dies sind Minijobs (die bisherigen 400 Euro Jobs bzw. seit 2013 450 Euro Jobs) für die gewerbsmäßige Arbeitgeber eine Pauschale an Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern von 30 Prozent zahlen müssen. Für die Arbeitnehmer fallen weder Sozialversicherungsbeiträge noch Steuern an, dafür erwerben sie auch keine Sozialversicherungsansprüche, was insbesondere bei Arbeitslosigkeit und Rente zu Einkommensausfall und Armut führt. Für viele Frauen, die zwei Drittel dieser Minijobber stellen, gibt es beim Berufseinstieg aber noch mehr bei der Rückkehr aus der Familienphase sowie in der Altersrente, häufig keine anderen Beschäftigungschancen. Dies gilt vor allem in solchen personenbezogenen Dienstleistungen mit leicht austauschbaren Arbeitskräften wie Einzelhandel, Gaststättengewerbe, aber inzwischen auch Pflegeberufe bis hin zu Kommunikations-, Lehr-, Wissenschafts- und Forschungstätigkeiten. Aus Umfragen wird immer wieder deutlich: Viele Frauen wollen Teilzeit arbeiten, aber mit erheblich mehr Arbeitsstunden und entsprechend auch höherem Einkommen. Als hauptsächliche Gründe für die Teilzeitarbeit werden die fehlende Kinderbetreuung sowie die Verantwortung für die Pflege Angehöriger genannt.

 Dies zeigt weitere gravierende Schwachstellen in der sozialen Infrastruktur der Bundesrepublik. Bundes-, Landes- und Kommunalregierungen sind dringend gefordert, den ab Mitte des Jahres geltenden Rechtsanspruch für die Betreuung der Kinder bis zu drei Jahren auch praktisch und mit qualitativ ausreichenden Angeboten umzusetzen. Es wäre ein gravierender Vertrauensbruch gegenüber den Frauen, Kindern und Familien, wenn diese drängende Verbesserung der Kleinkind-Betreuung dem Rotstift des Bundesfinanzministers zur Umsetzung des EU Fiskalpaktes und der Bankenrettung in Deutschland und Europa zum Opfer fiele.

 An diesem Internationalen Frauentag 2013 sind die politischen Parteien und die Kandidaten für den nächsten Deutschen Bundestag aufzufordern, bei der Arbeitsmarktpolitik einen Paradigmenwechsel in umgekehrte Richtung zu den Hartz Gesetzen einzuleiten. Dabei sind grundsätzlich alle Arbeitsverhältnisse, sowohl Vollzeit wie auch Teilzeit unabhängig von der Stundenzahl in die Sozialversicherung einzubeziehen.

 Genauso dringend ist die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes nicht unter 8,50 Euro in der Stunde. Dieser ist stufenweise zu erhöhen, damit die betroffenen Frauen -unter ihnen viele Alleinerziehende- aber auch Männer der Armutsfalle entkommen. Der ständige Verweis auf tarifliche Mindestlöhne zieht gerade für Frauen am wenigsten. Häufig sind sie in den kleineren Betrieben beschäftigt, die überhaupt nicht tarifvertraglich geschützt sind. Deshalb muss der Gesetzgeber für die Durchsetzung existenzsichernder fairer Mindestlöhne sorgen.

 Wichtig ist zudem die gesetzliche Verankerung eines Rückkehrrechtes von Teilzeit auf Vollzeit. Dann würde es auch leichter fallen, mehr Männer dafür zu gewinnen, befristet Teilzeit zu arbeiten und ihren Anteil an der Familienarbeit sowie Kindererziehung auszuweiten.

 Auch muss die Arbeitslosenversicherung wieder ihre Aufgabe erfüllen, betroffenen Arbeitnehmer/innen den Übergang in eine neue qualifikationsgerechte berufliche Tätigkeit zu ermöglichen und sie vor dem sozialen Abstieg zu bewahren. Wenn -wie heute- nur noch ein Drittel der Arbeitslosen überhaupt Versicherungsleistungen bezieht und zwei Drittel in das Armutssysteme Hartz IV fallen, ist die Funktionsfähigkeit der Arbeitslosenversicherung gefährlich gestört. Damit werden auch Anspruch und Vertrauen gefährdet, die mit der Zahlung der Beiträge in die Arbeitslosenversicherung verbunden sind. Einer der gravierenden Fehler von Hartz IV ist die Gleichstellung derjenigen, die über Jahrzehnte gearbeitet und Steuern sowie Sozialversicherungsbeiträge gezahlt haben, mit denjenigen, deren Existenzsicherung über die Sozialhilfe erfolgt. Der Bezug der Arbeitslosenversicherung muss wieder Normalfall werden und Hartz IV die Ausnahme.

 Dringend erforderlich ist ein wirksames Gleichstellungsgesetz für die private Wirtschaft- mit nachprüfbaren Festlegungen für die Einstellung, Ausbildung, berufliche Entwicklung einschließlich der Entgeltgleichheit. Dies ist eine Aufgabe und Verpflichtung für Gesetzgeber und die Tarif- sowie die Betriebsparteien. Die gesetzliche Verankerung einer Quote für die Besetzung von Vorständen und Aufsichtsräten in unserer Wirtschaft ist eine unabdingbares Symbol, dass die im Grundgesetz verlangte Gleichstellung von Frauen nicht bei Sonntagsreden und Lippenbekenntnissen stehen bleibt, sondern der politische Wille vorhanden ist, dies auch in praktisches politisches Handeln umzusetzen. Die Bundesregierung geht allerdings mit ihrer Verweigerung in der EU zu einer diesbezüglichen Frauenquote in die umgekehrte Richtung. Bundeskanzlerin Merkel ist gefordert, der Verzögerung der Einführung einer derartigen Frauenquote durch die Beendigung des unwürdigen Streits zwischen Bundesfrauenministerin Schröder gegen Bundesarbeitsministerin von der Leyen für eine verbindliche Frauenquote endlich ein Ende zu setzen.

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