Rentenreform – Erwartungen werden enttäuscht

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Das Ergebnis des Rentendialogs der Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen mit dem anspruchsvollen Titel Entwurf eines Gesetzes zur Anerkennung der Lebensleistung in der Rentenversicherung (RV – Lebensleistungsanerkennungsgesetz) liegt vor. Die hiermit geweckten Erwartungen und Hoffnungen der betroffenen Menschen werden bitter enttäuscht. Weder wird das Ziel erfüllt, die Lebensleistung der oft jahrzehntelangen harten Arbeit sowie der gezahlten Rentenversicherungsbeiträge und Steuern bei den Renten zu honorieren. Noch wird dem ursprünglichen Anspruch des Rentendialogs – Bekämpfung der Altersarmut – Rechnung getragen.

Das Ergebnis des Rentendialogs der Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen mit dem anspruchsvollen Titel „Entwurf eines Gesetzes zur Anerkennung der Lebensleistung in der Rentenversicherung (RV- Lebensleistungsanerkennungsgesetz)“ liegt vor.  Auch hier gilt das Sprichwort: „Der Berg kreiste und gebar ein Mäuslein.“  Die Verbesserungen der Renten-Leistungen für geringverdiene, erwerbsgeminderte und ältere Arbeitnehmer sowie die Verbesserungen der Ausgaben für die Rehabilitation sind nicht viel mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Die hiermit geweckten Erwartungen und Hoffnungen der betroffenen Menschen werden bitter enttäuscht. Weder wird das Ziel erfüllt, die Lebensleistung der oft jahrzehntelangen harten Arbeit sowie der gezahlten Rentenversicherungsbeiträge und Steuern bei den Renten zu honorieren. Noch wird dem ursprünglichen Anspruch des Rentendialogs – Bekämpfung der Altersarmut – Rechnung getragen. Sowohl für die am Rentendialog beteiligten Vertreter von Wirtschaft, Gewerkschaften und sonstigen Verbänden sowie vor allem die betroffenen derzeitigen und zukünftigen Rentner/innen ist die jetzt vorgelegte Rentenreform ein herbe Enttäuschung. Hauptsächliche Nutznießer sind die private Finanzindustrie durch einen „quasi-gesetzlichen“ Zwang zum Abschluss von Riesterrenten sowie der Bundesfinanzminister, der seine Politik der Finanzierung strauchelnder Banken und Euroländer zu Lasten der Sozialleistungen ungehindert auch bei der gesetzlichen Rentenversicherung fortsetzen kann.

Bezeichnend hierfür ist das seltene Lob für Frau von der Leyen aus dem Hause von Wolfgang Schäuble. In den vom Bundeskabinett bereits beschlossenen Eckwerten des Bundeshaushaltes 2013 und des Finanzplans bis 2016 heißt es: „Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird dabei -wie bereits auch in den letzten Jahren- einen erheblichen Beitrag zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes leisten.“ Die mit großem Öffentlichkeitswirbel seit Monaten von Frau von der Leyen vorgeschlagene „Zuschussrente“ -jetzt in ihrer Rentenreform gesetzlich verankert- erweist sich immer mehr als reine Augenwischerei.  So sollen für den Bundeshaushalt keine zusätzlichen Ausgaben entstehen, sie vielmehr durch Einsparungen bei der Grundsicherung für Rentner/innen ausgeglichen werden. Deutlicher kann die Ablehnung der Verantwortung für die Rentner nicht ausfallen. Regierungsamtlich in Abrede gestellt wird, dass sie als Arbeitnehmer  jahrzehntelang Steuern und Sozialversicherungsbeiträge gezahlt haben, und zu Recht erwarten können, dass sie nicht in Altersarmut fallen.

Zuschussrente für Wenige auf Kosten der Rentenversicherung

Wie viele Initiativen aus dem Hause von der Leyen steht die gekonnte Public Relations Arbeit in keinem Verhältnis zu den Ergebnissen für die betroffenen Menschen. So klingt die propagierte Zuschussrente von 850 Euro für Menschen mit niedrigem Einkommen verlockend. Allerdings erweist sie sich sehr schnell für viele von ihnen als „Rohrkrepierer“, weil sie niemals die hoch gesteckten Voraussetzung erfüllen: 45 Beitragsjahre, davon 35 mit vollen Pflichtbeiträgen, zusätzliche Zahlung einer Riesterrente über 35 bzw. 45 Jahre. Selbst bei großzügiger Anerkennung von Kindererziehungs- und Pflegezeiten werden insbesondere Frauen, die hauptsächlich von Armut bei Arbeit und im Alter betroffen sind, diese Hürden nicht überwinden können. Infolge ihrer oft jahrzehntelangen Arbeit für die Familie sowie des skandalös hohen Anteils nicht nur an Teilzeitarbeit, sondern vor allem in den 400 Euro Jobs ohne eigene Sozialversicherung und mit Hungerlöhnen, sind sie überhaupt nicht in der Lage, die erforderliche berufliche Tätigkeit mit vollen Sozialversicherungsbeiträgen aufzubringen.

Dies gilt auch für immer mehr Männer, die von der in Deutschland nach wie vor besonders hohen Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind. So wurden die mit knapp über 4 Euro im Monat bereits außergewöhnlich niedrigen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für Langzeitarbeitslose mit entsprechend minimalen Ansprüchen an Rentenleistungen bei den letzten Kürzungsrunden für die Finanzierung der maroden Banken ganz abgeschafft. Diese Menschen können es nur noch als Zynismus empfinden, wenn die „Trauben der Zuschussrente“ so hoch gehängt werden, dass sie niemals daran kommen werden. Denn die Zeiten der Arbeitslosigkeit werden für die Erfüllung der Voraussetzungen überhaupt nicht anerkannt.

Die Bekämpfung der Altersarmut erfordert umfassende Maßnahmen zur Bekämpfung der sich ausbreitenden Niedriglohnsektoren. Dazu gehören insbesondere: Die Einführung von Mindestlöhnen nicht unter 8Euro50; die Einbeziehung grundsätzlich aller Arbeitsverhältnisse in die Sozialversicherungspflicht; die Begrenzung von befristeter Beschäftigung und Leiharbeit auf sachliche Gründe. Entscheidend ist die Verbesserung der Rentenleistungen für Geringverdiener sowohl durch ausreichende Beiträge bei Arbeitslosigkeit wie auch durch Zurechnungen ohne unüberwindbare Hürden – z.B. durch Freibeträge bei der Anrechnung eigener Rentenleistungen auf die Grundsicherung sowie die zeitweise Verlängerung der Renten nach Mindesteinkommen. Vollständig zu streichen ist der Zwang zum Abschluss einer Riesterrente. Entscheidend hierbei ist, dass die Finanzierung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgaben bei der Bekämpfung der Altersarmut nicht den Beitragszahlern zur Rentenversicherung aufgebürdet, sondern aus Bundessteuern finanziert wird.

 Armut für erwerbsgeminderte und ältere Arbeitnehmer

Auch die Verbesserungen bei den Erwerbsminderungsrenten versprechen weit mehr als sie halten. Dabei sind gerade Menschen, die infolge gesundheitlicher Einschränkungen nicht arbeiten können, besonders von Altersarmut getroffen. Wenn jetzt die Zurechnungszeiten für die Berechnung der Erwerbsminderungsrenten von bisher 60 auf 62 Jahre erhöht werden, klingt dies zunächst einmal gut. Der Pferdefuß ist allerdings, dass diese Verbesserung der Leistungen nur für Neurentner/innen gilt und zudem stufenweise bis 2029 gestreckt wird. Übrig bleiben somit nur wenige Euro zusätzliche Rentenleistungen – für die mit ihrer Behinderung bereits besonders geschlagenen Menschen eher ein Hohn. Notwendig wäre vielmehr die Erhöhung der Zurechnungszeiten auf 3 Jahre -bis zur Altersrente mit 63- und zwar in einem Zug und nicht über 16 Jahre verteilt. Dies ist im Übrigen keine besondere Wohltat, sondern lediglich eine Anpassung der Erwerbsminderungsrenten an die Rente mit 67. Wenn es der Bundesregierung wirklich ernst wäre mit der Bekämpfung der Altersarmut, müsste sie zuallererst die Abschläge bis zu 10,8 Prozent abschaffen, wenn die Erwerbsminderung vor dem 60.Lebensjahr eintritt. Der frühere Bezug von Erwerbsminderungsrenten ist alles andere als ein frei gewählter Tatbestand, sondern durch das schwere Schicksal der gesundheitlichen Einschränkungen der betroffenen Menschen bedingt. Es gibt daher keinerlei Rechtfertigung dafür, dies auch noch durch Abschläge von den bereits kargen Renten zu bestrafen.

Ähnlich verhält es sich mit der vorgesehenen Einführung einer Kombirente. Danach können ältere Arbeitnehmer neben ihrer Rente mehr als die bisher zulässigen 400 Euro im Monat hinzuverdienen, ohne dass ihre Renten gekürzt werden.

Dies klingt beim ersten Ansehen verlockend, erweist sich allerdings bei genauer Analyse als ein „Danaergeschenk“. Arbeitgeber werden geradezu angereizt, Arbeitnehmer in den vorzeitigen Rentenbezug zu drängen, da sie dann nur noch geringere Löhne zahlen müssen. Für die Arbeitnehmer ist der vorzeitige Rentenbezug mit Abschlägen von 3,6 Prozent pro Jahr verbunden. Dies ist nichts anderes als ein Kombilohn zu Gunsten der Arbeitgeber auf Kosten der Rentenversicherung. Gekniffen sind dann auch die Arbeitnehmer selbst. Nach Wegfall des Einkommens aus Arbeit müssen sie bis an ihr Lebensende mit den durch die Abschläge verringerten Rentenleistungen auskommen. Soll den älteren Arbeitnehmern/innen tatsächlich -wie im Gesetzentwurf propagiert- mehr Wahlmöglichkeiten des Übergangs aus dem Erwerbsleben in die Rente eingeräumt werden, muss ein gleitender Übergang mit einem flexiblen System von Teilzeitarbeit und Teilrenten angeboten werden.

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