Verbesserung der Zuwanderungskultur bleibt Makulatur

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Rechtzeitig zum Jahreswechsel hat die Bundesregierung der Wirtschaft ein Präsent gemacht: die „Blue Card“ zur erleichterten Anwerbung hochqualifizierter Arbeitskräfte aus dem Ausland außerhalb der Europäischen Union (EU). Die  „Experten Weihen“ hierzu lieferte die „Hochrangige Konsensgruppe Fachkräftebedarf und Zuwanderung“. Seit Jahren vergeht kaum ein Tag, in dem von der Wirtschaft nicht lautstark über den Fachkräftemangel geklagt wird. So waren es auch wirtschaftsnahe Stiftungen, die diese Konsensgruppe ins Leben gerufen hatten. In dem Abschlussbericht wird zwar darauf hingewiesen, dass die bisher benachteiligten Personengruppen in der Bundesrepublik – vor allem Frauen, Ältere sowie Migranten – besser beschäftigt und auch die Zuwanderung aus der EU genutzt werden müssen. Jedoch sind hierzu wenig konkrete Vorschläge zu finden.

Rechtzeitig zum Jahreswechsel hat die Bundesregierung der Wirtschaft ein Präsent gemacht: die „Blue Card“ zur erleichterten Anwerbung hochqualifizierter Arbeitskräfte aus dem Ausland außerhalb der Europäischen Union (EU). Die  „Experten Weihen“ hierzu lieferte die „Hochrangige Konsensgruppe Fachkräftebedarf und Zuwanderung“. Seit Jahren vergeht kaum ein Tag, in dem von der Wirtschaft nicht lautstark über den Fachkräftemangel geklagt wird. So waren es auch wirtschaftsnahe Stiftungen, die diese Konsensgruppe ins Leben gerufen hatten.

Mit der neu eingeführten „Blue Card“ wird die EU Hochqualifizierten-Richtlinie von 2009 in nationales Recht umgesetzt. Die „Gehaltsschwelle“ für Fachkräfte aus dem Ausland wird von bisher 66 000 Euro auf 48 000 Euro Jahresgehalt herabgesetzt, in Mangelberufen wie Ingenieurtätigkeiten und Ärzte sogar auf 33 000 Euro. In diesen Fällen entfällt die sonst erforderliche „Vorrangprüfung“ der Bundesagentur für Arbeit (BA), wonach ein Ausländer nur beschäftigt werden darf, wenn kein Inländer oder EU-Ausländer zur Verfügung steht.  Erleichtert wird auch die Beschäftigung von ausländischen Absolventen deutscher Hochschulen.

„Willkommenskultur“ rückt in weite Ferne

Wie nicht anders zu erwarten, mahnt die Wirtschaft schon vor Verabschiedung der „Blue Card“ weitere Schritte zur Lockerung der Zuwanderungen an. Leidtragende sind die Millionen Menschen in Langzeitarbeitslosigkeit, Niedriglohnsektoren und Armut. Für sie bleiben die vollmundigen Ankündigungen verbesserter Beschäftigung infolge der Demographie leere Versprechen. So steigt die Arbeitslosigkeit von Älteren, Migranten und Menschen mit Behinderungen erneut an. Frauen konnten ihre Beschäftigung zwar erhöhen, aber um den Preis anhaltender Lohndiskriminierung. Gerade im Jahr der Verabschiedung des Aktionsplanes der Bundesregierung zur Umsetzung der UN Behindertenkonvention ist die immer wieder geforderte Teilhabe in Bildung, Ausbildung, Beschäftigung und Gesellschaft  für die betroffenen Menschen weiter entfernt denn je. Die Erkenntnis der Hochrangigen Konsensgruppe, dass ohne bessere Beschäftigungschancen für die Menschen in der Bundesrepublik kein Konsens für weitere Zuwanderungen zu erzielen sei, ist schon jetzt Makulatur. Die angemahnte „Willkommenskultur“ für qualifizierte Menschen aus dem Ausland rückt in weite Ferne.

Mit ihrer „ Blue Card“  konnte sich die  Bundesregierung an der „Green Card“ von Ex Bundeskanzler Gerhard Schröder von 2000 und die hochrangige Konsensgruppe nahtlos an der Unabhängigen Zuwanderungskommission unter der Leitung der ehemaligen Bundestagsvizepräsidentin Rita Süßmuth orientieren. Diese Zuwanderungsinitiative von Rot Grün hatte in Zeiten steigender Massenarbeitslosigkeit erheblichen Aufruhr verursacht. Das 2005 eingeführte Zuwanderungsgesetz beschränkte sich auf eine „gebremste“ Zuwanderung Hochqualifizierter auf Zeit, die einen Arbeitsvertrag mit einem hohen Einkommen vorweisen mussten. Entsprechend gering fiel auch die Zuwanderung aus. Sie blieb eine Ausnahme von dem generellen Anwerbestopp und in den letzten Jahren sind mehr qualifizierte Menschen ab- als zugewandert.

Ablenkungsmanöver von Einschränkung der Arbeitsmarktpolitik

Die Empfehlungen der Hochrangigen Konsensgruppe zur besseren Eingliederung der bisher auf dem Arbeitsmarkt benachteiligten Menschen stehen im krassen Gegensatz zu der Entwicklung in der Bundesrepublik. Den größten Beitrag im Rahmen des über 80 Mrd. schweren Kürzungspakets der Bundesregierung zur Finanzierung des ersten Rettungsschirmes für die Banken von 2008 müssen die Arbeitslosen erbringen. Das gerade beschlossene Gesetz mit dem irreführenden Titel „Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt“ ist bereits in der praktischen Umsetzung und wird die Ausgaben für die Arbeitsmarktpolitik in den nächsten Jahren halbieren.

Angesichts der eskalierenden Finanz- und Wirtschaftskrisen in der EU kann und muss die Bundesrepublik einen Beitrag zur Bekämpfung der dramatisch steigende Arbeitslosigkeit insbesondere unter jungen Menschen in den überschuldeten Euroländern leisten. Dabei reicht es keinesfalls aus – wie von der Konsensgruppe vorgeschlagen – durch Werbekampagnen für Zuwanderungen die Fachkräftelücke zu füllen. Vielmehr muss den von steigender Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen, die in der Bundesrepublik arbeiten wollen, durch flankierende soziale Maßnahmen eine Zukunft und ihren Ländern Entwicklungsperspektiven gegeben werden. Dazu sind auch die beschäftigungspolitischen Maßnahmen in der EU auszubauen und zielgerichtet einzusetzen.

Wie nicht anders zu erwarten haben die Empfehlungen der Konsensgruppe zur Erleichterung der Zuwanderungen aus Drittländern  die meiste öffentliche Aufmerksamkeit gefunden. Sie machen es der Bundesregierung leicht, von den gravierenden Defiziten bei der Beschäftigung der Menschen in der Bundesrepublik und in der EU abzulenken. Der notwendige Paradigmenwechsel in der Zuwanderungskultur kann aber nur gelingen, wenn er auch für den Umgang mit allen benachteiligten Menschen jedweder Herkunft gilt.

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