100. Internationaler Frauentag

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Zum 100. Internationalen Frauentag am 8. März 2011 hatte mich das Frauenbündnis aus DGB-, Verdi-, Gleichstellungsfrauen und Volkshochschule in Detmold als Gastrednerin eingeladen. Diese Jubiläumsveranstaltung stand unter dem Motto: „100 Jahre Internationaler Frauentag. Und die nächsten 100? Kämpfen mit Herz und Verstand“.

Beeindruckt hat mich die konstruktive Zusammenarbeit der Frauen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen. Somit war es gelungen, eine gut besuchte Veranstaltung zu organisieren. Bei der lebhaften Diskussion im Anschluss an meine Rede ging es vor allem um den sich erschreckend ausbreitenden Niedriglohnsektor, wobei Frauen einen Anteil von zwei Drittel ausmachen. Einhellige Auffassung war, dass der Skandal der sich explosionsartig ausbreitenden 400 Euro Jobs beendet wird und grundsätzliche alle Arbeitsverhältnisse in die Sozialversicherungspflicht einzubeziehen sind.

Die Versuche des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die „Lücke“ zwischen Frauen- und Männerlöhnen von 23 Prozent kleinzurechnen, wurden heftig kritisiert. Danach wird die Lohndifferenz zu Lasten der Frauen zum überwiegenden Teil auf sogenannte Strukturfaktoren zurückgeführt, wie erst kürzlich in einer Analyse des Statistischen Bundesamtes auf der Basis der Strukturdaten des Jahres 2006 dargestellt: vor allem Nachteile bei der Branchen- bzw. Berufswahl, dem beruflichen Status, der Unternehmensgröße sowie der Besetzung von Leistungsgruppen sowie den erheblich höheren Anteilen von Frauen bei der Teilzeitarbeit und insbesondere der geringfügigen Beschäftigung, den sog. 400 Euro Jobs. Auch das Statistische Bundesamt hat auf der Basis der letzten diesbezüglichen Strukturuntersuchung 2006 festgestellt, dass diese sog. Strukturfaktoren 63 Prozent der Lohnunterschiede zu Lasten der Frauen ausmachen. Würden hierbei gleiche Bedingungen wie für Männer bestehen, wären die Lohnunterschiede nur noch 8 Prozent. Das IW hat berechnet, um wie viel die Lohnlücke zusätzlich zusammenschmilzt, wenn Frauen nach der Kinderpause bereits nach spätestens eineinhalb Jahren wieder in den Beruf zurückkehren – nämlich auf 4 Prozent.

Von den Teilnehmerinnen dieser Veranstaltung zum 100. Internationalen Frauentag wurde einmütig und klar zum Ausdruck gebracht, dass dies eine Verkehrung von Ursache und Wirkung ist. Diese sog. Strukturfaktoren sind wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die nur von der Wirtschaft und der Politik zu verändern sind, nicht jedoch von den einzelnen Frauen selbst. Deshalb gibt diese Herunterrechnung der Lohnlücke ein völlig falsches Bild von der Gleichstellungs-Realität in der Bundesrepublik. Es bleibt mithin bei der skandalösen Lohndiskriminierung von Frauen mit 23 Prozent: nach Malta und Zypern hält Deutschland damit die „rote Laterne“ bei der Lohndiskriminierung gegenüber Frauen. Erforderlich sind ausreichende gesetzliche Mindestlöhne; ein Gleichstellungsgesetz für die private Wirtschaft mit verbindlichen Quotenregelungen und wirksamen Durchsetzungsmechanismen; Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei den Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten sowie eine ausreichende öffentliche Infrastruktur zur Betreuung, Erziehung und Bildung.

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