Mindestlohn – Merkels Marionettentheater

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Ein „Sturm im Wasserglas“ war die mediale Aufregung vor dem CDU Parteitag um den Mindestlohn. Mehrere Wochen beherrschten der Vorsitzende des Arbeitnehmerflügels CDA, Karl Josef Laumann, und die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen die Schlagzeilen. Festgelegt werden sollte eine Lohnuntergrenze, die sich an der Höhe der tariflichen Mindestlöhne in der Leiharbeit orientiert – derzeit 7,89 Euro im Westen und 7,01 Euro im Osten. Vom CDU Parteitag am 14. November wurde zwar ein Antrag angenommen, der sich zu Lohnuntergrenzen bekennt. Festgelegt werden sollen sie durch eine Kommission der Tarifparteien, aber nur dort gelten, wo es keine tariflichen Mindestlöhne gibt und nach Regionen sowie Branchen differenziert werden. Dieses Ergebnis steht in keinem Verhältnis zu den Erwartungen die von der obersten CDU Spitze mit ihrem kurzem „Politikschwenk“ für die Einführung gesetzlicher Mindestlöhne geweckt wurde.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat es wieder einmal geschafft: Die zeitweilig ins Wanken geratene Front der CDU gegen einen gesetzlichen Mindestlohn wurde durch den Parteitag geschlossen. Umhüllt mit einem „sozialen Mäntelchen“ hat sie den Schwarzen Peter für die explodierten Niedrig- und Armutslöhne auf die Tarifparteien verschoben. Damit ist der -wegen ihrer kurzzeitigen Zugeständnisse zum Mindestlohn- verärgerte Wirtschaftsflügel wieder besänftigt. Zwar soll es künftig für tariffreie Bereiche Lohnuntergrenzen geben. Ausgehandelt werden sie jedoch von einer Kommission der Tarifparteien und können nach Regionen und Branchen differenziert werden. Die vorherigen „Mindestlohn-Rebellen“ , allen voran der CDA Vorsitzende Karl Josef Laumann sowie  Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, wurden bereits im Vorfeld zurückgepfiffen. Vergeblich hatten sie der Öffentlichkeit unermüdlich erklärt, dass sie für eine verbindliche Lohnuntergrenze auf der Basis der Leiharbeit mit 7,89 Euro im Westen und 7,01 Euro im Osten kämpfen wollten. Jetzt sind sie zu Statisten im Mindestlohn-Marionettentheater der Kanzlerin degradiert und sollen die Einzelheiten für das weitere Verfahren aushandeln. Dabei gibt es wenig Spielräume: Der Beschluss des Parteitages ist nicht viel mehr als eine Bestätigung der bestehenden Rechtslage für die Vereinbarung von tariflichen Mindestlöhnen durch die Arbeitgeber und Gewerkschaften und deren Allgemeinverbindlichkeit nach  Festlegung durch die Bundesregierung. Wie die leidvollen Erfahrungen zeigen, ist deren praktische Durchsetzung ein zähes Unterfangen. Bislang sind noch nicht einmal 10 Prozent der Arbeitnehmer durch derartige tarifliche Mindestlöhne geschützt.

Zudem gibt es immer mehr „weiße“ Flecken in der Tariflandschaft: Während im Westen noch etwa 70 Prozent der Arbeitnehmer überhaupt durch einen Tarifvertrag geschützt sind, trifft dies im Osten nur für etwa die Hälfte zu. Der bereits vor fünf Jahren von den DGB Gewerkschaften ausgehandelte Mindestlohn für die Leiharbeit ist bis heute nicht für die gesamte Branche durchgesetzt. Die Folge: Etwa 12 Prozent der Leiharbeitnehmer müssen ergänzend Hartz IV beziehen. Die weitere Möglichkeit, in tariffreien Bereichen durch Kommissionen aus Arbeitgebern und Gewerkschaften Mindestlöhne einzuführen, ist bisher nicht ein einziges Mal genutzt worden Der Versuch, für die Callcenter mit Niedrig- und Hungerlöhnen, Mindestlöhne einzuführen, ist kläglich gescheitert. Das Schicksal der vom CDU Parteitag jetzt erneut vorgeschlagenen Kommission der Tarifparteien für die Vereinbarung von Lohnuntergrenzen für die tariffreien Bereiche ist somit vorgezeichnet. Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, nutzt jede Gelegenheit, seine Ablehnung von Mindestlöhnen und die Gefahr der Vernichtung von Arbeitsplätzen darzustellen. Dabei ficht es ihn nicht an, dass  Untersuchungen im In- und Ausland dies hinreichend widerlegen und umgekehrt auf die Stabilisierung der Beschäftigung durch Mindestlöhne verweisen.

Dass die Bundeskanzlerin ihre Mindestlohn-Kapriolen so ungeniert betreiben kann, liegt auch an den vielstimmigen Chor bei den Gewerkschaften. Wie ihr Vorgänger Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) versteht Angela Merkel das Prinzip: Teile und Herrsche. Sie orientiert sich an denjenigen, die ihr am besten ins wahltaktische Konzept passen. Sowohl die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie als auch die IGMetall  haben ihre Bekenntnisse zum Vorrang der Tarifautonomie bei Mindestlöhnen immer wieder betont. Die IGBAU verhandelt mit ihren Arbeitgeberverbänden für den Bereich der Bauwirtschaft seit 1995 erfolgreich tarifliche Mindestlöhne, die regelmäßig erhöht werden. Sie müssen eher befürchten, dass durch generelle Lohnuntergrenzen Druck auf ihre erheblich höheren tariflichen Mindestlöhne ausgeübt werden. Verlierer sind die Gewerkschaften mit schwach organisierten Niedriglohnsektoren – insbesondere Verdi und die Gewerkschaft NGG- die unterstützt vom DGB für einen gesetzlichen Mindestlohn nicht unter 8,50 Euro streiten. Die hauptsächlichen Leidtragenden dieses unwürdigen Mindestlohn-Marionettentheaters der CDU sind wieder einmal die vielen Menschen in den Niedriglohnsektoren. Die von der Spitze der CDU geweckten Erwartungen auf eine existenzsichernde faire Entlohnung sind bitter enttäuscht worden. Die Spaltung in der Gesellschaft  geht weiter.

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