Sozial engagiert – das können Frauen besser

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Am 16. Oktober 2010 hat der SoVD Landesverband BB eine frauenpolitische Tagung in Berlin durchgeführt. Das Motto lautete: „Den Männern die Ehre, den Frauen das Amt“

Sozial engagiert - das können Frauen besserDabei ging es um die frauen- und sozialpolitischen Perspektiven in ehrenamtlich geführten Vereinen. Eingeladen waren hochkarätige Referentinnen: Edda Schliepack, Bundesfrauensprecherin des SoVD, Mechthild Rawert, Bundestagsabgeordnete und Mitglied im gesundheitspolitischen Ausschuss. Als Vorsitzende des Arbeitskreises im SoVD „Soziale Sicherheit“ habe ich ein Referat zu dem Thema „Sozial engagiert – das können Frauen besser“ übernommen.

Soziales Engagement und Gleichstellung sind eng miteinander verbunden.

Dies zeigt bereits ein kurzer Blick in die Geschichte der Kämpfe für Frauenrechte in Deutschland.

Eine der bekanntesten Frauenkämpferin, Clara Zetkin, hat bereits zu Anfang des 20. Jahrhunderts den Zusammenhang zwischen den wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen und der fehlenden Gleichstellung der Geschlechter herausgestellt und klare Forderungen entwickelt: Gesetzlicher Arbeitsschutz für Arbeiterinnen, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, gleiche Bildung, freie Wahl der Berufstätigkeit und die volle politische Gleichstellung. Clara Zetkin war von 1921 bis zu Ihrem Tod 1933 Präsidentin der Internationalen Arbeiterhilfe und wurde 1925 zur Vorsitzenden der Roten Hilfe Deutschlands gewählt.

Eine weitere mutige Frauenkämpferin, Marie Juchacz, schaffte den Sprung in die verfassungsgebende Nationalversammlung in Weimar- als eine von 37 Frauen (bei 300 Kandidatinnen), nachdem am 19. Januar 1919 der Durchbruch für das politische Wahlrecht für Frauen in Deutschland geschafft worden war. Marie Juchacz gründete 1919 die Arbeiterwohlfahrt, war bis 1933 ihre Erste Vorsitzende und nach dem Zweiten Weltkrieg noch lange Zeit die Ehrenvorsitzende der AWO.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hat Elisabeth Selbert als Mitglied der Verfassungsgebenden Versammlung den Gleichheitsartikel in unserem Grundgesetz durchgesetzt.

Wo stehen wir heute als Frauen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland? Zwar wurde nach der Deutschen Einheit 1994 der Gleichberechtigungsartikel im Grundgesetz erweitert: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Somit hat der Staat eine besondere Verpflichtung zur aktiven Frauenförderung sogar im Grundgesetz verankert. Allerdings ist dieser Grundgesetzauftrag bis heute in der Realität bei weitem nicht erfüllt. Die anhaltende Lohndiskriminierung zu Lasten der Frauen ist eine besonders alarmierende Entwicklung.

Aber auch im „Ehrenamt“ setzt sich die Diskriminierung der Frauen fort: Nach den „Freiwilligensurveys“ der Bundesregierung seit 1999 haben die Frauen ihr ehrenamtliches Engagement verstärkt, aber vor allem in den sozialen Tätigkeiten mit viel persönlichem Einsatz und wenig Sichtbarkeit nach außen. Ganz anders ist dies bei den Männern, die ihre beruflichen Entwicklungsinteressen mit ihren Ehrenämtern zu vereinbaren wissen und vorwiegend in Vereinen mit gesellschaftlicher Bedeutung tätig sind. Selbst in den sozialen Bereichen bekleiden die Männer in weitaus größerem Ausmaß die Entscheidungs- und Führungstätigkeiten, während die Frauen die zeitaufwendigen Dienstleistungen ausführen.

Die enge Verknüpfung unseres Sozialstaates und der Gleichstellung in allen Lebensbereichen macht es dringend erforderlich, diesen Teufelskreis der Diskriminierung gegenüber Frauen zu durchbrechen.  Dabei sollten folgende Themenbereiche in den Vordergrund gestellt werden:

(1)    Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Explosion der Niedriglohnsektoren vor allem für Frauen und der Armut bei Arbeit sowie im Alter. Ein Skandal ist der verheerende Anstieg bei den 400-Euro-Jobs -im Allgemeinen ohne eigene Rentenversicherungsbeiträge- für die Frauen. In der Bundesrepublik arbeiten bereits etwa 7 Mio. Menschen in derartiger geringfügiger Beschäftigung, davon mehr als zwei Drittel Frauen. Frauen nach der Familienphase finden oft kaum eine andere Beschäftigung. Ähnliches gilt für Frauen in Hartz IV. Sie können der Armutsfalle bei Arbeit und dann später in der Rente kaum entkommen. Dringend erforderlich ist die Abschaffung derartiger geringfügiger Teilzeitarbeit. Grundsätzlich müssen alle Arbeitsverhältnisse in die Sozialversicherungspflicht einbezogen werden.

(2)    Die Verringerung des Niveaus der Rentenversicherung durch die sog. Riesterreform ist zurückzunehmen. Der Riesterfaktor, der zur drastischen Absenkung des Rentenniveaus führt, ist abzuschaffen. Es gibt keine Rechtfertigung dafür, für alle Arbeitnehmer und Rentner die Renten zu kürzen, um damit der Privaten Rentenversicherung zusätzliche Geschäfte zuzuführen und diese auch noch mit jährlichen Steuersubventionen von 12,5 Mrd. Euro zu fördern. Dieser gesellschaftliche Skandal, der voll zu Lasten der Frauen geht, ist zu beenden. Selbst amtliche Berichte der Gesetzlichen Rentenversicherung Bund und der Bundesregierung warnen vor millionenfacher Altersarmut – an vorderster Front für die Frauen.

(3)    Die beschlossene Gesundheitsreform bedeutet eine gefährliche Aushöhlung der solidarischen gesetzlichen Krankenversicherung. Das Einfrieren der Arbeitgeberbeiträge bei 7,3 Prozent bedeutet, dass alle weiteren Ausgabensteigerungen der bereits jetzt unterfinanzierten gesetzlichen Krankenversicherung auf die Versicherten und Kranken verschoben werden. Dabei habe sie bereits heute erheblich mehr zu leisten als die Arbeitgeber. Wenn sich die Arbeitgeber aus der finanziellen Verantwortung für die Ausgabenentwicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung verabschieden, werden die Ausgabensteigerung noch weniger zu begrenzen sein. Dies zeigen die Erfahrungen der Länder mit der weitesten Privatisierung der gesetzlichen Krankenversicherung: In den USA betragen die Gesundheitsausgaben bereits 18 Prozent der Bruttoinlandsproduktes. Dort hat Präsident Obama gerade die Reißleine gezogen und versucht erste Ansätze einer solidarischen gesetzlichen Krankenversicherung einzuführen. In der Schweiz mit einer Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung über Kopfpauschalen der Versicherten stehen die Gesundheitsausgaben mit 15 Prozent an zweithöchster Stelle im Internationalen Vergleich. Entsprechend werden die Versicherten und Kranken immer mehr belastet. Dies zeigt bereits, wohin die Entwicklung auch in der Bundesrepublik gehen wird, wenn die paritätischen einkommensbezogenen Beiträge immer mehr abgebaut und nur noch für die Versicherten zusätzliche Kopfpauschalen eingeführt werden. Die Frauen werden dabei wiederum die Leidtragenden sein. Die dringend erforderlich Reform zur Eingrenzung der unnötigen Ausgaben im Gesundheitswesen -insbesondere für Arzneimittel- größere Transparenz,  Gerechtigkeit und Verteilung bei den medizinischen Leistungen und deren Honorierung, aber auch der Paradigmenwechsel zu mehr Prävention könnte Milliarden Euro einsparen, ohne die Leistungen für die Versicherten und Kranken zu verschlechtern. Es gibt genügend Gründe dafür, diese Gesundheitsreform mit allen Mitteln zu bekämpfen.

Diese drei Beispiele machen deutlich, wie wichtig das Engagement gerade der Frauen im SoVD ist. Dabei kommt es darauf an, dass sie nicht nur die soziale Kärrnerarbeit im Dienst am Menschen zu leisten haben, sondern in die sozialpolitischen Entscheidungen des SoVD stärker eingebunden werden müssen. Wirksamer Widerstand gegen die unsoziale Politik kann nur geleistet werden, wenn die Aktivierung Mobilisierung unserer Mitglieder in den Landesverbänden, Kreisen und Ortsvereinen gelingt. Dabei können und müssen die Frauen eine größere Rolle spielen.

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