Existenzsichernde Arbeit für Langzeitarbeitslose

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Die öffentliche Debatte über die unsäglichen Äußerungen des FDP Vorsitzenden Guido Westerwelle zur Diskreditierung der Arbeitslosen wie vorher im Übrigen auch von Roland Koch, Ministerpräsident von Hessen und Stellvertretender Vorsitzender der CDU zeigen: Überfällig ist die Schaffung existenzsichernder Arbeit für Langzeitarbeitslose.

Die öffentliche Debatte über die unsäglichen Äußerungen des FDP Vorsitzenden Guido Westerwelle zur Diskreditierung der Arbeitslosen wie vorher im Übrigen auch von Roland Koch, Ministerpräsident von Hessen und Stellvertretender Vorsitzender der CDU zeigen: Überfällig ist die Schaffung existenzsichernder Arbeit für Langzeitarbeitslose. Dies ist von der SPD sowohl in ihrem Grundsatzprogramm von 2008 wie in ihrem Wahlprogramm von 2009 aufgenommen und  gilt auch für die jüngsten Vorschläge der SPD Vorsitzenden von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft. Zum Einen ist die Langzeitarbeitslosigkeit in Deutschland im Vergleich mit anderen EU Ländern immer noch überdurchschnittlich hoch. Dies hat sich auch nicht dadurch verändert, dass während der Jahre des konjunkturellen Booms 2007 und 2008 die Langzeitarbeitslosigkeit  verringert werden konnte. Experten gehen davon aus, dass etwa 400 000 Langzeitarbeitslose auch mit den Fördermitteln der Arbeitsmarktpolitik keinen Einstieg in den Ersten Arbeitsmarkt finden können. Dies wird sich mit der als Folge der Wirtschaftskrise erwarteten Erhöhung der Langzeitarbeitslosigkeit in diesem und im nächsten Jahr weiter verschärfen. Die Schaffung existenzsichernder gemeinnütziger Tätigkeiten  könnte sowohl für die betroffenen Arbeitslosen, die Gesellschaft und die Wirtschaft einen wichtigen Beitrag leisten.

Das Gesetz sieht hierzu mehrere Möglichkeiten vor: Arbeitsgelegenheiten mit Entgelt, Beschäftigungszuschüsse bis zu 75 Prozent des Lohnes über zwei Jahre mit der Möglichkeit der Verlängerung, den Kommunalkombi mit Lohnkostenzuschüssen von grundsätzlich 500 Euro pro beschäftigten Langzeitarbeitslosen für Kommunen sowie Arbeitsgelegenheiten mit Aufwandsentschädigung (sog. Ein-Euro-Jobs). Die Gewährung der Arbeitsgelegenheiten mit Entgelt, der Beschäftigungszuschüsse sowie des Kommunalkombi sind an die Bedingung gebunden, dass Arbeitsplätze mit tariflichen bzw. ortsüblichen Löhnen sowie Sozialversicherungspflicht  angeboten werden.

Das Gesetz sieht die Ein-Euro-Jobs sozusagen als letzte Möglichkeit -als „Ultima Ratio“- der Eingliederung Langzeitarbeitsloser vor. Allerdings haben sie in der Praxis nicht nur oberste Priorität, sondern vielfach den traurigen Rekord der Ausschließlichkeit gegenüber anderen Maßnahmen erreicht. Die betroffenen Arbeitslosen erhalten ihre Hartz IV Leistungen weiter. Für die von den Job Centern zugewiesene Tätigkeit zahlen ihnen die jeweiligen Träger der Beschäftigungsmaßnahmen -darunter auch Kommunen- zwischen 1 und 1,50 Euro in der Stunde. Die finanzielle Attraktivität für die jeweiligen Träger erhöht sich noch dadurch, dass sie zusätzlich eine Pauschale von mehreren hundert Euro von den Job Centern für sonstige Aufwendungen erhalten können. Im vergangenen Jahr wurden somit etwa 700 000 Langzeitarbeitslose in gemeinnützige Tätigkeiten lediglich mit einer Aufwandsentschädigung von im Allgemeinen 6 Monaten eingegliedert. Für die betroffenen Menschen hat dies zwar ermöglicht, dass sie für kurze Zeit aus der Arbeitslosigkeit herauskommen konnten, allerdings weitestgehend ohne eine berufliche Perspektive und häufig mit erheblicher beruflicher Herabstufung. Sie sind in der Abhängigkeit von Hartz IV geblieben und waren bis auf wenige Ausnahmen nach dem Auslaufen dieser Ein-Euro-Jobs wieder arbeitslos. Alarmierende Berichte des Bundesrechnungshofes haben deutlich gemacht, dass durch diese Maßnahmen reguläre Beschäftigung in bis zu 80 Prozent der Fälle ersetzt wurde.

Es ist daher dringend an der Zeit, die öffentlichen Arbeiten für Langzeitarbeitslose umzustellen. Von den Job Centern zu fördern wären vor allem Tätigkeiten, die ein existenzsicherndes Einkommen, Sozialversicherungspflicht und falls erforderlich die notwendige Qualifizierung und Einarbeitung ermöglichen. Dies könnte über die im Gesetz bereits vorgesehenen Maßnahmen der Arbeitsgelegenheiten mit Entgelt sowie der Beschäftigungszuschüsse und des Kommunalkombi geleistet werden. Dabei ist zu prüfen, welche Gründe dafür bestehen, dass diese Maßnahmen bisher nur wenig in Anspruch genommen wurden. Dabei liegt offen auf der Hand: Solange die finanziell erheblich günstigeren und einfacher umzusetzenden Ein-Euro Jobs angeboten werden können, wird die Bereitschaft der Träger und der finanzierenden Job Center niedrig sein, nach existenzsichernden Tätigkeiten zu suchen. Zudem fehlen den gemeinnützigen Trägern sowie den Kommunen  häufig die ergänzenden finanziellen Mittel, um die Ko-Finanzierung für diese Maßnahmen zu leisten. Notwendig ist daher, die Geschäftspolitik in den Job Centern sowie Optionskommunen beim Angebot gemeinnütziger Tätigkeiten für Langzeitarbeitslose entsprechend zu ändern und den notleidenden Kommunen mit hoher Langzeitarbeitslosigkeit die Ko-Finanzierung zu erleichtern. Hier brauchen wir einen Paradigmenwechsel in der Arbeitsmarktpolitik zur Förderung der beruflichen Eingliederung Langzeitarbeitsloser in zusätzliche existenzsichernde Arbeit. An Bedarfen fehlt es hierzu nicht.

Viele ermutigende Beispiele aus Projekten für die Eingliederung Langzeitarbeitsloser in sinnvolle zusätzliche existenzsichernde Beschäftigung im Rahmen der Bürgerarbeit in Sachsen Anhalt, Thüringen und Bayern, sowie der Arbeitsgelegenheiten mit Entgelt, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Beschäftigungszuschüsse in Mecklenburg-Vorpommern zeigen, dass diese Maßnahmen zwar kurzfristig teurer sind, sich aber mittelfristig auszahlen. Die Eingliederungsquote in den ersten Arbeitsmarkt ist mit bis zu 50 Prozent  bei weitem höher als bei den Ein-Euro-Jobs mit höchstens 5 bis 15 Prozent. Die betroffenen Menschen können erst dann ihr Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein, das sie in den langen Zeiten der Arbeitslosigkeit verloren haben, wiedergewinnen, wenn sie aus der Abhängigkeit von Hartz IV entkommen und ihr Leben eigenverantwortlich gestalten und finanzieren.

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