Scholz Versuchsballon – EU-Arbeitslosen-rück-versicherung

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Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat seinen Vorschlag für eine EU-Arbeitslosenrückversicherung erneut ins Gespräch gebracht. In seinem Ministerium wird an einer Konkretisierung gearbeitet, zunächst für die im Dezember anstehenden EU Treffen der Finanzminister und der anschließenden Gipfelkonferenz der Regierungschefs. Bislang ist er damit auf Widerstände des größeren Koalitionspartners CDU und CSU gestoßen.

Die inzwischen in der Öffentlichkeit begonnenen Schlagabtausche bewegen sich vor allem auf Expertenebene. Da dieses eher technisch anmutende europäische Handlungsfeld jedoch weitertragende sozial- und finanzpolitische Folgewirkungen haben könnte, ist eine sozial- und europapolitische Auseinandersetzung erforderlich. Dies gilt nicht zuletzt auch mit Blick auf die im Mai 2019 stattfindenden Wahlen zum EU Parlament.

Als Vorläufer dieses neuerlichen Vorschlags des Bundesfinanzministers gibt es seit Jahren wiederkehrende Forderungen nach Einführung einer EU Arbeitslosenversicherung. Dazu liegen in der EU Kommission nicht nur verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen vor mit möglichen konkreten Ausprägungen der organisatorischen und finanziellen Ausgestaltung, sondern ebenfalls operative Vorarbeiten. Da aber die vertraglichen Grundlagen der EU mit dem nach jahrelangen Tauziehen verabschiedeten Lissabon Vertrag und der darin klar enthaltenen Absage an eine Transferunion einer EU Arbeitslosenversicherung entgegenstehen, sind die diesbezüglichen Vorstöße immer wieder in den Hintergrund getreten.

Neu belebt wurde dies mit dem Vorschlag von Olaf Scholz, eine EU weite Arbeitslosenrückversicherung einzuführen. Dabei konnte auf das Beispiel in den USA verwiesen werden. Allerdings setzt dies voraus, dass zunächst einmal in allen Mitgliedsländern Arbeitslosenversicherungssysteme vorliegen. Dies ist jedoch längst nicht überall gegeben. Auf der einen Seite gibt es Mitgliedsländer, deren Arbeitslosenversicherung deutlich besser ausgestattet ist als bei uns, zum Beispiel in den skandinavischen Ländern. Es gibt aber ebenso Mitgliedsländer, in denen die finanzielle Unterstützung bei Arbeitslosigkeit nur auf bedarfsorientierten Fürsorgesystemen beruhen. Auch in der Bundesrepublik sind nur etwa ein Drittel aller Beschäftigten im Falle der Arbeitslosigkeit überhaupt von der Arbeitslosenversicherung erfasst, da sie die Voraussetzungen der vorherigen beitragspflichtigen Beschäftigungszeiten nicht erfüllen. Dies gilt vor allem für die Millionen prekär Beschäftigten, in Niedriglohnsektoren oder sogar Armut bei Arbeit und natürlich für einen Teil der inzwischen über 7 Millionen Minijobber, vor allem Frauen.

Erforderlich sind vor allem EU weite Mindeststandards zur Einrichtung ausreichender Arbeitslosenversicherungssysteme auf nationaler Ebene. Zu überlegen wäre, inwieweit hierbei auch Anforderungen an Mindestbedingungen für eine aktive Arbeitsmarktpolitik einbezogen werden müssten.

Unabhängig davon sind die jeweiligen nationalen Zusammenhänge mit der Wirtschafts- und Finanzpolitik zu klären. Eine finanzielle Unterstützung kränkelnder nationaler Arbeitslosenversicherungssysteme ist nicht vertretbar, solange die gemeinschaftlich von und für die Euroländer beschlossenen wirtschaftlichen und finanziellen Leitlinien der EU nicht eingehalten werden. Dies ist jetzt mit besonderer Wucht bei der Zurückweisung des Haushaltes der italienischen Regierung für das Jahr 2019 durch die EU Kommission deutlich geworden. Zu nennen sind hier ebenfalls die jahrelangen Auseinandersetzungen um die Finanztransfers aus den EU Finanz-Sondertöpfen mit harten Sparauflagen für große Teile der Bevölkerung, insbesondere in Griechenland und Portugal. Dabei gibt es trotz milliardenschwerer EU Finanztransfers keine nachhaltigen Lösungen. Dies ist auch durch einen neuen EU Finanztopf für Kredite an Krisenländer mit hoher Arbeitslosigkeit nicht zu beheben. 

>>> Hier mein Beitrag zur EU Arbeitslosenrückversicherung im Globalist

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