Verwirrspiel um Rente mit 63

Beitrag per E-Mail versenden

Beitragszahler und Rentner müssen bereits wenige Tage nach der Verabschiedung des Rentenpakets durch die GroKo eine erneute Zahlenverwirrung erleben. Dabei geht es um die Inanspruchnahme der Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren ohne Abschläge. Noch am 14. Mai hat Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles in ihrem Grußwort beim DGB Bundeskongress in Berlin eine lautstarke und viel beklatschte Philippika gegen die Kritik der Wirtschaft an der 63er Regelung gehalten: Bei einer zu erwartenden Inanspruchnahme von gerade einmal 50 000 Arbeitnehmern sollte die Wirtschaft ihre Zeit sinnvoller verwenden als gegen die Rente mit 63 zu polemisieren. Entsprechend harsch hatte sie sich im Vorfeld der Bundestagsentscheidung allen Kritikern entgegengestellt, die die Seriosität ihrer Berechnungen der Ausgaben für das Rentenpaket und insbesondere die 63er Regelung bezweifelten.

Das Rentenpaket ist dann am 23. Mai mit der überwältigenden Mehrheit der GroKo verabschiedet worden. Jetzt wird aus dem BMAS bekannt gegeben, dass die Inanspruchnahme und die Ausgaben wahrscheinlich beträchtlich höher ausfallen werden. An Stelle der ursprünglich genannten 200 000 Berechtigten, deren Zahl natürlich erheblich höher ist als die tatsächliche Inanspruchnahme, sollen es 40 000 mehr sein, da zusätzlich die freiwillig versicherten Selbständigen zu berücksichtigen seien. Bleibt nur zu fragen, warum dies vom BMAS nicht vor der Verabschiedung des Gesetzes bekannt gemacht wurde. Über die Kosten entsteht bereits neue Verwirrung. Zunächst wurde mit Mehrausgaben von einer Mrd. Euro bis zum Jahr 2017, dem Ende der Legislaturperiode, gesprochen. Jetzt wird aus dem BMAS beschwichtigt, es seien doch nur 750 000 Euro. Auch dies ist hoch genug, um die Ungerechtigkeiten dieser 63er Regelung auf Kosten der Beitragszahler zu verschärfen. Dies gilt unabhängig davon, wie viel der jetzt auf 240 000 bezifferten Berechtigten diese Rente mit 63 tatsächlich in Anspruch nehmen werden.

Rentenexperten rechnen mit zusätzlichen Rentenleistungen von 30 000 Euro im Schnitt je Berechtigtem. Dabei handelt es sich vor allem um Männer mit überdurchschnittlich hohen Löhnen und Rentenansprüchen. Bezahlen müssen dies jedoch die 30 Millionen Beitragszahler-häufig mit niedrigeren Löhnen und Rentenansprüchen, die niemals in den Genuss der 63er Regelung kommen können. Die Gründe dafür sind unterbrochene und unsicherere Berufswege- vor allem wegen der durch die Hartz Gesetze erheblich ausgeweiteten prekären Beschäftigung mit Niedriglöhnen bis zu Armut bei Arbeit, sowie die überdurchschnittlich hohe  Langzeitarbeitslosigkeit; aber auch längere Zeiten familiärer Tätigkeit, Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen. Würde es der Bundesarbeitsministerin und der Bundesregierung tatsächlich um mehr Gerechtigkeit in der Rentenpolitik gehen, müssten sie das Rentenpaket mit der 63er Regelung und der Mütterrente jetzt erst recht aus Bundessteuern finanzieren.

>>> link zu FAZ Artikel

Hinterlassen sie einen Kommentar

Pflichtfelder *


eins × = 7