Neuordnung der Arbeitsmarktpolitik, Inklusion statt Hartz IV

Beitrag per E-Mail versenden

Als Vorsitzende des Arbeitskreises Sozialversicherung im Sozialverband Deutschland (SoVD)  habe ich mich maßgeblich an der Erarbeitung des Konzepts zur „Neuordnung der Arbeitsmarktpolitik- Inklusion statt Hartz IV“ beteiligt. Dies haben der Präsident des SoVD Adolf Bauer und ich am 30. Juni 2014 in einer Pressekonferenz vorgestellt.

Ausschlaggebend für diese inklusive Neuordnung der Arbeitsmarktpolitik ist die Aushöhlung der Arbeitslosenversicherung durch die Hartz Gesetze, insbesondere Hartz IV.  Während Arbeitnehmer grundsätzlich verpflichtet sind, von ihrem Arbeitseinkommen Beiträge in die Arbeitslosenversicherung zu zahlen, erhalten nicht einmal mehr ein Drittel von ihnen Versicherungsleistungen im Fall der Arbeitslosigkeit. Die Pflichtversicherung bei Arbeitslosigkeit ist somit von der Regelleistung zur Absicherung des Risikos Arbeitslosigkeit zu einer Leistung nur noch für eine Minderheit abgeglitten.

Für die von Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen führt dieser dramatische Sozialabbau zu einem Abfall in das Armutssystem Hartz IV und damit zur gesellschaftlichen Ausgrenzung. Dies gilt in zunehmendem Ausmaß auch für diejenigen, die jahrzehntelang gearbeitet und Sozialversicherungsbeiträge sowie Steuern geleistet haben. Ursächlich hierfür sind die ständigen Verschlechterungen bei den Arbeitslosenversicherungsleistungen sowie der geradezu erfolgten Explosion von prekärer Beschäftigung in Niedriglöhnen, unsteter Arbeit bis zu Armut durch die Hartz Gesetze.

Verschärft wird dies durch die gravierenden Defizite  bei den organisatorischen Hartz-Strukturen. Damit wurde ein Zwei Klassensystem der Arbeitslosen geschaffen. Während die Kurzzeitarbeitslosen die Arbeitslosenversicherungsleistung ALGI  beziehen und ihre berufliche Eingliederung von den Arbeitsagenturen professionell vorgenommen wird, sind die längerfristig Arbeitslosen auf die Bedürftigkeitsleistung ALGII angewiesen und müssen sich durch die Job Center betreuen lassen. Etwa zwei Drittel der Job Center werden von den Arbeitsagenturen und den Kommunen gemeinsam unterhalten und ein Drittel von den Kommunen in Eigenregie.

Allerdings weisen beide Organisationsformen der Job Center gravierende Defizite sowohl bei der beruflichen Eingliederung der längerfristig arbeitslosen Menschen auf als auch der notwendigen flankierenden sozialen Leistungen. Über die Hälfte der erwerbsfähigen Hartz IV Empfänger haben gravierende Probleme mit Verschuldungs-, Sucht- oder psychosozialen Problemen,  haben als Alleinerziehende keine ausreichenden Kinderbetreuungsangebote oder als Menschen mit Behinderungen unzureichende Unterstützung. Wenn sich in Zukunft die Arbeitsagenturen wieder vorrangig um die berufliche Eingliederung der Arbeitslosen unabhängig von der Dauer ihrer Arbeitslosigkeit kümmern, haben die Job Center mehr Spielräume für die Verbesserung der Wirksamkeit bei den flankierenden sozialen Hilfen. Dies ist dringend erforderlich, um erheblich mehr der insgesamt 4,5 Mill. erwerbsfähigen Hartz IV Empfängern eine berufliche Eingliederung zu ermöglichen. Darüber hinaus sollten sie für die öffentlich geförderte Beschäftigung zuständig bleiben, da sie aufgrund ihrer kleinräumigen Strukturen und lokalen Netzwerke dazu grundsätzlich die bessere Eignung aufweisen. Insgesamt müssen bei allen Arbeitslosen- unabhängig von der Dauer ihrer Arbeitslosigkeit die Stärken und nicht die Schwächen im Vordergrund stehen. Dies ist der Kern des vom SoVD geforderten Arbeitsmarktkonzepts der Inklusion an Stelle der Stigmatisierung und Aussonderung durch Hartz IV.

Verbunden werden muss diese Reform bei Inhalten und Organisation der Arbeitsmarktpolitik durch die Verbesserung der Arbeitslosenunterstützungsleistungen, die auch die längerfristig Arbeitslosen aus der Hartz IV Falle befreit. Deshalb ist zusätzlich zu dem Arbeitslosengeld II  ein Arbeitslosengeld II Plus zu leisten. Dies soll zwei Drittel der Differenz zwischen der Bedürftigkeitsleistung ALGII plus Wohnungskosten und dem vorherigen einkommensbezogenen ALGI ausmachen und dauerhaft geleistet werden. Damit wird für die längerfristig Arbeitslosen, die vorher langjährig gearbeitet und Beiträge sowie Steuern geleistet haben wieder eine Anbindung an die Arbeitslosenversicherung ermöglicht.

Unabdingbare Voraussetzung für eine derartige Generalrevision von ALGI und ALGII zu einem inklusiven Konzept  sind erhebliche Transfers von Personal und Finanzen. So müssten große Teile der 37 000 Mitarbeiter der Arbeitsagenturen in den gemeinsamen Job Centern wieder in die Arbeitsagenturen zurückkommen, um dort alle Arbeitslosen unabhängig von der Dauer ihrer Arbeitslosigkeit „aus einer Hand“ professionell zu betreuen-  mit der Priorität auf ihrer beruflichen Eingliederung. Die Kosten für ALGII und ergänzenden  Hartz IV Leistungen einschließlich der Eingliederung sind wie bisher vom Bund zu übernehmen und der Bundesagentur für Arbeit zu erstatten. Die Mehrausgaben für verbesserte Arbeitslosenunterstützung und ergänzende Grundsicherungsleistungen werden mehr als ausgeglichen, wenn es hierdurch gelingt, auch Langzeitarbeitslosen ohne die derzeitige Stigmatisierung und Benachteiligung den Weg in existenzsichernde gute Arbeit mit Zukunft zu eröffnen.

>>> Broschüre zu Arbeitsmarktkonzept

>>> mein Pressestatement

>>> Pressestatement von Adolf Bauer

>>> hier ein Presseartikel zur Veranstaltung

>>> hier ein Presseartikel zur Veranstaltung

 

Hinterlassen sie einen Kommentar

Pflichtfelder *


+ sechs = 9