Mindestlohn-Kompromiss – ohne Langzeitarbeitslose

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Mindestlohn-Kompromiß – ohne Langzeitarbeitslose

Wenn es nicht um die Existenz von einer Million langzeitarbeitsloser Menschen in Deutschland ginge, könnte man nur hoffen, dass der am heutigen 1. April 2014 bekannt gewordene Kompromiss der GroKo ein „schlechter April Scherz“ wäre. Wenn jetzt nicht nur die unter 18 jährigen Jugendlichen, sondern auch noch alle Langzeitarbeitslosen ausgeschlossen sein sollen, wird der gesetzliche Mindestlohn an besonders empfindlichen Stellen amputiert.

Bereits im Koalitionsvertrag der GroKo heißt es „Durch die Einführung eines allgemeinen verbindlichen Mindestlohnes soll ein angemessener Mindestschutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sichergestellt werden.“  Der  jetzt vorgelegte Gesetzentwurf von Andrea Nahles verspricht:  „Durch die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor unangemessen niedrigen Löhnen geschützt. Zugleich trägt der Mindestlohn dazu bei, dass der Wettbewerb zwischen den Unternehmen nicht zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch die Vereinbarung immer niedrigerer Löhne, sondern um die besseren Produkte und Dienstleistungen stattfindet. Das Fehlen eines Mindestlohns kann ein Anreiz sein, einen Lohnunterbietungswettbewerb zwischen den Unternehmen auch zu Lasten der sozialen Sicherungssysteme zu führen, weil nicht existenzsichernde Arbeitsentgelte durch staatliche Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende „aufgestockt“ werden können. Der Mindestlohn schützt damit die finanzielle Stabilität der sozialen Sicherungssysteme.“ Fragt sich nur, warum dies auf einmal nicht für den in der Bundesrepublik auch im europäischen Vergleich hohen Anteil der langzeitarbeitslosen Menschen gelten soll.

Daran ändert auch der Tatbestand wenig, dass dieser Ausschluss der Langzeitarbeitslosen vom Mindestlohn nur für die ersten sechs Monate sowie die Aufnahme einer Tätigkeit bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern gelten soll. Zum einen sind private und öffentliche Arbeitgeber äußerst erfindungsreich in der Aneinanderreihung kurzfristiger Beschäftigungsverhältnisse nicht nur bei austauschbaren geringer qualifizierten Tätigkeiten sondern bis in höhere und höchste Qualifikationsebenen in Lehre und Forschung. Eine derartige Regelung kann sich leicht als „Durchlauferhitzer“ für die betroffenen Langzeitarbeitslosen zur Senkung der Arbeitskosten bei privaten und öffentlichen Arbeitgebern erweisen. Die andere Bedingung für die Aufnahme in den Mindestlohnschutz- Tätigkeit bei einem tarifgebundenen Arbeitgeber- ist beinahe schon zynisch. Welche Wahl hat denn ein Langzeitarbeitsloser bei der Aufnahme einer Tätigkeit. Nach der vollständigen Auflösung aller Barrieren bei der Zumutbarkeit im Rahmen von Hartz IV müssen Langzeitarbeitslose mit Reduzierung und Sperrung selbst des Existenzminimums ALG II rechnen, wenn sie nicht allen Tätigkeiten annehmen, die nicht unter die Sittenwidrigkeit fallen. Diese kann aber bis zu 30 Prozent unter den Tarif- oder ortsüblichen Löhnen liegen.

Mit diesem Mindestlohn Kompromiss der GroKo wird die Zwei- Klassen Gesellschaft in Arbeit und Gesellschaft weiter festgeschrieben. Die erklärte Absicht der SPD, diese Spaltungen auf dem Arbeitsmarkt nach der Agenda 2010 und der Hartz IV Gesetzgebung zu überwinden, wird zur Makulatur.

Nach den verschiedenen gesetzlichen Verschärfungen der Bedingungen für den Bezug  von ALGI sowie die erhebliche Herabsetzung der Dauer der ALGI Leistungen beziehen derzeit nur noch etwa ein Drittel aller Arbeitslosen ALGI Leistungen. In einzelnen Regionen mit besonders hoher Langzeitarbeitslosigkeit, wie z.B. im Ruhrgebiet, sind es noch erheblich weniger. Im Schnitt fallen somit zwei Drittel der Arbeitslosen in Hartz IV, obwohl viele von ihnen jahrzehntelang hart gearbeitet und Steuern sowie Sozialversicherungsbeiträge geleistet haben. Jetzt wird ihnen auch noch die Möglichkeit verweigert, über den gesetzlichen Mindestlohn aus der Hartz IV Falle zu entkommen. Dabei reicht der vorgesehene gesetzliche Mindestlohn Stundensatz von 8,50 Euro häufig nicht einmal dazu aus.

Bleibt nur zu hoffen, dass diese eklatanten Ungerechtigkeiten in diesem Mindestlohn-Kompromiss in den anstehenden parlamentarischen Verfahren  korrigiert werden.

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