Rentenkonvent der SPD: Einmütig in den Wahlkampf

Beitrag per E-Mail versenden

Der Kleine Parteitag am 24.11. hat der SPD “Grünes Licht” für ihr Rentenkonzept gegeben. Vorausgegangen waren monatelange Abstimmungen mit allen Flügeln und Ebenen in der Partei. Die SPD könnte damit eine wesentliche politische Flanke in der Bundesrepublik füllen und damit auch ein Stück Bewältigung ihrer eigenen Vergangenheit bei Riesterrente und Harztgesetzen vornehmen. Die bisher vorgesehenen Maßnahmen sind vor allem auf die Bekämpfung von niedrigen Löhnen und Renten  gerichtet. Der wesentliche Kernpunkt – Anhalten des weiteren Rentenabfalls – ist zunächst aufgeschoben. Für die Zukunft der gesetzlichen Rentenversicherung ist nicht nur Altersarmut zu verhindern, sondern ein maßgeblicher Beitrag zur Aufrechterhaltung des Lebensstandards im Alter zu ermöglichen. Dazu muss die SPD noch weitere Kärrnerarbeit bei der Konkretisierung ihres Rentenkonzepts leisten.

Die gesetzliche Altersrente muss nicht nur die bereits bestehende und massenhaft drohende Altersarmut verhindern, sondern wieder den maßgeblichen Anteil zur Erhaltung des Lebensstandards auch im Alter gewährleisten. Unabdingbare Voraussetzung ist, die dynamische lohnbezogene Rente wieder herzustellen und alle willkürlichen Manipulationen des Rentenniveaus nach unten seit der Riester Reform von 2001 zu beseitigen. Dazu müssen Rentengesetz und Rentenformel  geändert werden. Das Rentenniveau wäre damit wieder auf den Stand vor der Riester Reform anzuheben (auf etwa 70 Prozent vom Netto oder 54 Prozent vom Netto vor Steuern einschließlich der stufenweise erhöhten Besteuerung der gesetzlichen Altersrenten). Nur dann kann die solidarische gesetzliche Alterssicherung auch für die nachwachsenden Generationen eine Zukunft bieten.

Erwerbstätigenversicherung erforderlich

Darüber hinaus erfordert der Grundsatz der Solidarität in der gesetzlichen Rentenversicherung, dass alle Erwerbstätigen einbezogen werden. Es gibt keine Rechtfertigung dafür, dass sich Selbständige, Politiker und Beamte, die vielfach zu den besser Verdienenden gehören, der Rentensolidarität entziehen können. Darüber hinaus erfordert die wirksame Bekämpfung der Altersarmut zusätzliche Rentenleistungen für Geringverdiener mit langjähriger Beschäftigung und Beitragszahlungen oder Ausfallzeiten infolge prekärer Beschäftigung in abhängiger und selbständiger Tätigkeit sowie gesellschaftlich notwendigen Leistungen, wie Erziehung und Pflege.

Ebenso wenig  gibt es eine zwanghafte Begründung für die Deckelung der Einkommen durch die Beitragsbemessungsgrenzen sowie die Beschränkung auf die Lohneinkommen. Diese Beitragsbemessungsgrenzen bei einheitlichen Beitragssätzen bewirken, dass die unteren Einkommensgruppen erheblich höhere Anteile von ihrem Einkommen für die Rentensolidarität aufbringen müssen als diejenigen mit höheren Einkommen, insbesondere oberhalb der Beitragsbemessungsgrenzen. Die im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung gerade wieder festgestellten Ungerechtigkeiten bei der Verteilung von Einkommen und Vermögen werden dadurch weiter verstärkt.

Wenn zunehmende Anteile der Einnahmen von Arbeitgebern und Erwerbstätigen aus Kapitalerträgen kommen, sind  diese für die Beitragszahlung in solidarische Sozialversicherungssysteme heranzuziehen. Dies gilt auch für die Rentenversicherung. Nicht überzeugend ist weiterhin die Begründung der Alterssicherung von Beamten und Politikern ohne eigene Beitragsleistung und auf erheblich höherem Niveau mit dem „Alimentationsprinzip“. Aufkommen müssen hierfür alle Steuerzahler, die ihre Renten durch Pflichtbeiträge von ihren Einkommen selber finanzieren.

Verdummung der Arbeitnehmer und Rentner

Der angebliche  Kompromiss zum zukünftigen Rentenniveau im Parteivorstand der SPD als Vorbereitung für den Parteikonvent am 24. November erfüllt diese Bedingungen in keinem Fall. Vielmehr folgt er dem Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ und ist eine Verdummung der Arbeitnehmer und Rentner. Bezeichnend ist, dass hiermit weitgehend dem Parteitagsbeschluss der SPD NRW gefolgt wird, dem Heimatbezirk des Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück.

Wenn Rentengesetz und Rentenformel bis 2020 nicht verändert werden sollen, kann und wird das Rentenniveau von heute etwa 50 auf dann 46 Prozent vom Nettoeinkommen vor Steuern absinken. Das ändert wenig an der bekannten Dramatik, dass dann millionenfache Altersarmut die Folge sein wird. Bereits heute steigt die Zahl der Rentner, die zu ihrer Lebensexistenz Grundsicherung beantragen müssen erheblich an – abgesehen von der hohen Zahl der Rentner in sog. „verschämter“ Altersarmut, die aus Scheu vor dem Gang zum Sozialamt und der Belastung weiterer Familienangehöriger ihre Ansprüche an die Grundsicherung gar nicht wahrnehmen. Damit verliert die gesetzliche Rentenversicherung mit ihren Pflichtbeiträgen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern weiterhin an Legitimation.

Diese dramatische Entwicklung kann durch den rentenpolitischen Aktionismus der SPD auf Nebenkriegsschauplätzen mit einer Bevorzugung der gewerkschaftlich gut organisierten dauerhaft beschäftigten Männer in Großbetrieben nicht aufgehalten werden. Im Gegenteil werden die Ungerechtigkeiten noch erhöht: Die Solidarrente von bis zu 850 Euro nach 40 Beschäftigungs- und 30 Beitragsjahren wird den von Altersarmut besonders betroffenen und bedrohten Menschen wenig Hilfe bieten: Vor allem die Geringverdiener mit prekären Arbeitsverhältnissen, unterbrochenen Erwerbsbiographien sowie die Frauen mit langen Jahren der Familientätigkeit und geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen mit Niedrig- bis Armutslöhnen und dabei insbesondere die Alleinerziehenden werden die Voraussetzungen zum Bezug der Solidarrente nicht erfüllen.

Zwiespältig zu beurteilen ist die Fortführung der sog. „45“er Regelung, wonach Arbeitnehmer mit 45 Jahren durchgängiger beitragspflichtiger Vollzeiterwerbstätigkeit mit 63 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen können, sowie der vorgesehenen Stärkung der Betriebsrenten. In beiden Fällen profitieren wiederum vor allem die Männer in gewerkschaftlich hoch organisierten Großbetrieben mit guten Tarifverträgen und Betriebsrenten. Die dadurch verursachten Ausfälle an Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung bzw. den vorzeitigen Bezug von abschlagsfreien Altersrenten müssen aber auch die Beschäftigten in Niedriglohnsektoren und prekärer Beschäftigung aufbringen- ohne jemals in den Genuss dieser Regelungen zu kommen. Wenn die SPD vorschlägt, dass die  Entgeltumwandlung für die Betriebsrenten in Zukunft mit Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern belegt werden sollen, ist dies angesichts der eskalierenden öffentlichen Schuldenfallen ein frommer Wunsch.

Die Abschaffung der Abschläge bei den Erwerbsminderungsrenten ist ein überfälliger Schritt. Allerdings kommt er vor allem den von Erwerbsminderung erheblich häufiger betroffenen Männern zugute; finanziert werden muss er jedoch auch von den Frauen mit ihrem hohen Anteil an prekärer Beschäftigung, Niedriglöhnen und eigenen Minirenten. Richtig ist die Bekräftigung des bereits seit längerem gefassten Beschlusses, die Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre solange auszusetzen, bis 50 Prozent der Arbeitnehmer über 60 Jahre eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung haben. Dies gilt auch für die Bekräftigung der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes von mindestens 8,50 Euro, der Einführung von „gleichem Lohn für gleiche Arbeit“ bei Leiharbeit, der Bekämpfung der Lohndiskriminierung von Frauen sowie dem flächendeckenden Ausbau von Kindertagesstätten und der Verbesserung von schulischer und betrieblicher Ausbildung.

 Die Abschaffung der hauptsächlichen Armutsfalle bei Arbeit und im Alter -die inzwischen auf 7,4 Millionen gestiegenen geringfügigen Beschäftigung, davon mehr als zwei Drittel für Frauen- ist in dem Rentenkonzept der SPD leider nicht zu finden.

Hinterlassen sie einen Kommentar

Pflichtfelder *


zwei + 5 =