Zuschussrente – viel Verpackung, wenig Inhalt

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Kurz vor Beginn Ihrer Rentendialoge mit Verbänden und  gesellschaftlichen Gruppen zur Bekämpfung der Altersarmut hat Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen einen neuen medialen Aufschlag gemacht. Ab dem Jahr 2013 soll eine Zuschussrente fü Menschen mit langen Versicherungszeiten, aber niedrigen Verdiensten eingeführt werden. Damit wird ein monatliches Netto-Alterseinkommen von 850 Euro gewährleistet. Dies könnte ein richtiger Reformansatz sein. Allerdings zeigt ein genauerer Blick auf die konkrete Ausgestaltung und die Bedingungen für diese Zuschussrente, dass die Inhalte bei weitem nicht das halten, was die Verpackung verspricht.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hat einen neuen medialen Aufschlag gemacht. Ab dem Jahr 2013 soll eine Zuschussrente für  Menschen mit langen Versicherungszeiten, aber niedrigen Verdiensten eingeführt werden. Damit wird ein monatliches Netto-Alterseinkommen von 850 Euro gewährleistet.

Selbst erklärter Leitmaßstab für die Bundesarbeitsministerin ist, dass diejenigen, die lange Jahre gearbeitet und Rentenversicherungsbeiträge gezahlt haben, eine höhere Rente erhalten als diejenigen, die nicht oder nur kurzzeitig erwerbstätig waren. Bislang haben alle Altersrentner, deren Renten unter der Armutsgrenze lagen, Grundsicherung in Höhe der Hartz IV Leistungen erhalten. Dabei wurde kein Unterschied gemacht, ob die betroffenen Rentner vorher gearbeitet und Rentenbeiträge gleistet haben. Frau von der Leyen will diese Ungerechtigkeit beseitigen.

Dies könnte ein richtiger Reformansatz sein, der auch dem Versicherungsprinzip in der gesetzlichen Rentenversicherung Rechnung trägt und damit die Akzeptanz der einkommensbezogenen gesetzlichen Rentenversicherung verbessert. Allerdings zeigt ein genauerer Blick auf die konkrete Ausgestaltung und die Bedingungen für diese Zuschussrente wie so häufig bei den medialen Vorschlägen der Bundesarbeitsministerin, dass die Inhalte bei weitem nicht das halten, was die Verpackung verspricht. So ist es bezeichnend, dass zu Beginn der Einführung 2013 nur mit etwa 17 000 Begünstigten und Kosten von 50 Millionen Euro gerechnet wird und dies bei insgesamt derzeit etwa 400 000 Armutsrenten. Langfristig werden etwa eine Million Rentner/innen in den Genuss dieser Zuschussrente kommen.

Der finanzielle Aufwand wird auf über 2 Milliarden Euro steigen. Finanziert werden soll die Zuschussrente aus Bundessteuern. Allerdings ist jetzt bereits fraglich, ob dies die gesetzlichen Hürden überspringen kann. Die Töne aus dem Bundesfinanzministerium geben kaum zu Hoffnung Anlass. Hier wird bereits an Vorschlägen gearbeitet, durch weitere Einsparungen bei den Sozialleistungen die gigantische Belastung der öffentlichen Haushalte durch die eskalierenden Finanzkrisen auszugleichen. Dabei wird nicht einmal davor zurückgeschreckt, die Menschen durch Vorschläge zur Rente mit 69 zu verunsichern. Ob der Finanzminister bereit sein wird, für die nächsten Jahrzehnte zusätzliche Milliarden für die Zuschussrente zur Verfügung zu stellen, erscheint daher mehr als fraglich. Eher wahrscheinlich ist, dass sich Frau von der Leyen einmal mehr mit fremden Federn schmücken will und wie so häufig auch diesmal mit dem Geld der Beitragszahler zur gesetzlichen Rentenversicherung. Erhebliche Kontroversen sind bereits absehbar.

Die Zuschussrente wird zu hoch gehängt

Der erklärten Zielsetzung, Niedriglöhner/innen durch diese Zuschussrente von 850 Euro deutlich besser zu stellen als Menschen, die aus lebenslanger Sozialhilfe kommen, stehen die Bedingungen diametral entgegen. Begünstigt werden sollen Menschen, die 45 Versicherungsjahre zur gesetzlichen Rentenversicherung haben, davon 35 beitragspflichtige Beschäftigungszeiten. Zudem müssen sie Mindestjahre in der zusätzlichen kapitalgedeckten Riesterrente nachweisen, die schrittweise erhöht werden – auf 6 Jahre 2018 bis zu 35 Jahren 2035. Für die ersten 10 Jahre werden die Hürden für die Zuschussrente gesenkt – auf 40 Versicherungsjahre, 30 beitragspflichtige Beschäftigungszeiten und 5 Jahre Riesterrente.

Zunächst einmal stellen die Voraussetzungen sowohl der Versicherungs- als auch der beitragspflichtigen Beschäftigungszeiten eine so hohe Hürde dar, dass sie von den am meisten durch Altersarmut bedrohten Menschen kaum übersprungen werden können. Wie alle wissenschaftlichen Untersuchungen und die praktischen Erfahrungen zeigen, steht die für die nächsten Jahre und Jahrzehnte drohende Altersarmut in engem Zusammenhang mit der Explosion prekärer Beschäftigung mit Niedriglöhnen, hoher Langzeitarbeitslosigkeit und Armut bei Arbeit. Dabei handelt es sich nicht um Randbereiche, sondern diese inhumane Arbeitssituation erfasst immer mehr Menschen – sowohl bei der abhängigen Beschäftigung wie bei der Selbständigkeit. In der Bundesrepublik müssen inzwischen unabhängig von der jeweiligen Konjunkturlage etwa 7 Millionen Menschen zu Niedriglöhnen arbeiten, 1,4 Millionen Beschäftigte müssen ergänzende Hartz IV Leistungen beziehen, da ihr Arbeitseinkommen ihre Lebensexistenz nicht sichert. Viele dieser Menschen können nicht die notwendigen Versicherungs- und Beitragszeiten zur gesetzlichen Rentenversicherung aufbauen und würden damit auch nicht die Zuschussrente erhalten können.

Zu den Menschen, denen Altersarmut in besonders gravierendem Ausmaß droht, gehören vor allem Frauen. Durch hohe Belastung mit Kindererziehung, Pflegeleistungen und sonstigen Familienverpflichtungen haben sie häufig nur niedrige Versicherungs- und Beschäftigungszeiten. Dabei stellen sie den Hauptanteil der Niedriglöhner durch weit überdurchschnittliche Teilzeitarbeit und vor allem die geringfügigen 400 Euro Jobs ohne eigene Rentenversicherungsbeiträge. Nach den Vorstellungen von Frau von der Leyen sollen alle Zeiten der Kindererziehung (bis 10 Jahren) sowie der Pflegeleistungen auf die Versicherungszeiten sowie die Minijobs auf die versicherungspflichtigen Beitragszeiten angerechnet werden. Nach ihren medialen Aussagen sollen damit vor allem Frauen von der Zuschussrente profitieren. Allerdings lässt das „Kleingedruckte“  erhebliche Zweifel zu. Die Anerkennung der Minijobs bei den Beitragszeiten ist an die Bedingung geknüpft, dass die Betroffenen die freiwilligen Rentenversicherungsbeiträge gezahlt haben. Genau dies ist allerdings in der Realität nicht der Fall. Solange diese Miniarbeitsverhältnisse mit der Umgehung der Sozialversicherungsbeiträge gesetzlich sanktioniert und gefördert werden, können die am meisten von Altersarmut betroffenen Minilöhner von inzwischen 7 Millionen, davon drei Viertel Frauen, kaum in den Genuss der Zuschussrente kommen.

Dem erklärten Prinzip, mit dieser Zuschussrente Versicherungsprinzip und Akzeptanz der gesetzlichen Rente zu fördern, ist schwer zu vereinbaren, dass diese Aufstockung der Renten auf 850 Euro nur bei Bedürftigkeit geleistet wird. Es müsste doch ausreichen, dass diese Zuschussrente Personen gewährt wird, deren eigene Rentenansprüche darunter liegen. Gerade für ältere Menschen haben die entwürdigenden Bedürftigkeitsprüfungen und die Einbeziehung weiterer Familienmitglieder in der Vergangenheit häufig dazu geführt, dass sie die ihnen zustehenden Sozialhilfeleistungen gar nicht beantragt haben.

Zuschussrente a la von der Leyen im Buch der Rekorde?

Eine besonders hohe Hürde ist die Bedingung des Abschlusses einer kapitalgedeckten Riesterrente. Besonders sarkastisch ist die Bewertung in einem Lesekommentar: „Wenn Frau von der Leyen wahrheitsgemäß beantworten kann, wie ein Hartz IV Empfänger „Zusatzbeiträge“ bezahlen soll, schlage ich die Frau für das Buch der Rekorde vor.“ Wenig überzeugend sind die diesbezüglichen Begründungen der Bundesarbeitsministerin zur Sicherheit der mit großem Werbungsaufwand von der Finanzindustrie angebotenen Riesterverträge. Es komme darauf an, dass die Menschen besser über die teilweise außerordentlich hohen Risiken bei den Gebühren aufgeklärt werden. Die Verbraucherverbände schlagen dazu bereits seit vielen Jahren Alarm – allerdings bisher ohne praktische Konsequenzen. Ebenfalls nicht beseitigt ist die Hürde, dass Leistungen aus Riesterverträgen auf die Grundsicherung angerechnet werden. Es bleibt mithin der fade Beigeschmack, dass die Zuschussrente als Vehikel zur Ausweitung der Riesterverträge missbraucht werden soll. Dass hierfür ausgerechnet die Niedriglöhner herhalten müssen, die keinen Cent zu viel haben und sich am wenigsten gegen falsche Versprechungen und hohe Gebühren wehren können, spricht den erklärten Zielen der Zuschussrente a la von der Leyen Hohn.

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