Europäische Protesttag für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen 2010

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Am 5. Mai 2010 fand anlässlich des Europäischen Protesttages für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen eine eindrucksvolle Kundgebung und Menschenkette vom Brandenburger Tor bis zum Reichstag statt.

v.l.n.r. Michael Wiedeburg, Landesvorsitzender SoVD Berlin-Brandenburg; Silvia Schmidt, Vorsitzende "Daheim statt Heim"; Ursula Engelen-Kefer, SoVD (Foto Herbert Schlemmer)
v.l.n.r. Michael Wiedeburg, Landesvorsitzender SoVD Berlin-Brandenburg; Silvia Schmidt, Vorsitzende “Daheim statt Heim”; Ursula Engelen-Kefer, SoVD (Foto Herbert Schlemmer)

Aufgerufen dazu hatten viele Verbände für die Vertretung der Interessen behinderter Menschen. Teilgenommen habe ich als Vertreterin des Sozialverbandes Deutschland (SoVD) und Leiterin des Arbeitskreises Sozialversicherung sowie des Landesverbandes Berlin-Brandenburg. Beeindruckend waren die große Zahl behinderter und nichtbehinderter Frauen und Männer sowie die aktive Beteiligung vieler Verbände durch engagierte Redebeiträge.

Aus dem Reichstag kamen die Vertreter der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien mit Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse und Bundestagsvizepräsidentin Katrin Goering Eckardt an der Spitze. Beide sprachen zu den Teilnehmern der Kundgebung und Menschenkette.

Bedanken möchte ich mich für die hervorragende Organisation und Betreuung der anwesenden behinderten Menschen, ganz besonders bei Ilja Seifert, Vorsitzender Berliner Behindertenverband; Michael Wiedeburg, Landesvorsitzender SoVD und Silvia Schmidt, Vorsitzende “Daheim statt Heim” sowie ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen.

Hier meine Rede:

Liebe Mitmenschen,

Im Namen des Sozialverbandes Deutschland (SoVD) insgesamt und des Landesverbandes Berlin-Brandenburg möchte ich mich bei Ihnen allen herzlich bedanken. Sie und wir haben durch diese eindrucksvolle Menschenkette an diesem geschichtsträchtigen Platz -vom Brandenburger Tor bis zum Reichstagsgebäude- gezeigt: Für uns sind Solidarität und Gemeinsamkeit zwischen behinderten und nicht behinderten Menschen keine leeren Lippenbekenntnisse. Für uns sind sie Auftrag und Herausforderung unserer täglichen Arbeit.

links: Ursula Engelen-Kefer als Rednerin bei der Kundgebung; davor: Ilja Seifert, Vorsitzender Berliner Behindertenverband (Foto Herbert Schlemmer)
links: Ursula Engelen-Kefer als Rednerin bei der Kundgebung; davor: Ilja Seifert, Vorsitzender Berliner Behindertenverband (Foto Herbert Schlemmer)

Dabei wissen wir natürlich um die nach wie vor in allen Lebensbereichen vorhandenen Diskriminierungen und Erschwernisse, mit denen Menschen mit Behinderungen tagtäglich zu kämpfen haben. Wir als SoVD wollen weiter mithelfen, diese hohen Hürden und Barrieren abzubauen – in den materiellen und finanziellen Lebensbedingungen, aber auch in den Köpfen und Herzen der Menschen.

Am 26.März 2009 wurde die Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Deutschland in Kraft gesetzt. Dabei ist ganz entscheidend: Heute stehen Menschen mit Behinderungen nicht mehr als Bittsteller da. Sie haben ein Recht auf ein Leben ohne Diskriminierungen und mit voller Teilhabe. Sie haben ein Recht auf ein Zusammenleben mit gleichen Chancen von Anfang an – bei Erziehung und Bildung, im Berufsleben, in der Familie, in der Freizeit, in Gesellschaft und Politik. Für uns sind Menschen mit Behinderungen nicht Objekte von Wohlfahrt und Fürsorge. Für uns sind sie Frauen, Männer und Kinder mit vollem Recht auf Selbstbestimmung und gesellschaftlicher Teilhabe.

Wir fordern einen umfassenden Schutz vor Diskriminierungen jeglicher Art. Wir verlangen die volle Teilhabe in einer barrierefreien inklusiven Gesellschaft. Menschen- und Bürgerrechte gelten für alle Menschen, in allen Teilen der Welt und zu allen Zeiten. Und sie gelten auch in einer wirtschaftlichen Krise. Knappe öffentliche Kassen sind keine Rechtfertigung für die Verletzung von Rechten und Ansprüchen der  Menschen mit Behinderungen.

Wir werden in den nächsten Monaten -wenn nicht Jahren- alle Hände voll zu tun haben:  Menschen mit Behinderungen dürfen nicht der öffentlichen Sparpolitik zum Opfer fallen. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung steht: „Politische Entscheidungen, die Menschen mit Behinderungen direkt oder indirekt betreffen, müssen sich an den Inhalten der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen messen lassen. Deshalb werden wir einen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen entwickeln.“ Daran werden wir die Politik der Bundesregierung in den nächsten Jahren messen und als SoVD unseren Beitrag auch weiterhin leisten.

Nicht hinnehmbar sind Pläne zur Einführung von Kopfpauschalen sowie das Einfrieren der Arbeitgeberbeiträge und die Privatisierung der gesetzlichen Pflegeversicherung. Eine derartige Zerstörung der solidarischen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung würde gerade behinderte und schwerbehinderte Menschen am härtesten treffen. Bei den anstehenden Reformen von Hartz IV werden wir uns dafür einsetzen, dass die Förderung der behinderten und schwerbehinderten Menschen verbessert wird. Hierzu müssen bei allen Job Centern eigene qualifizierte Stellen für die Betreuung, Beratung und Vermittlung der Behinderten und Schwerbehinderten eingerichtet werden.

Wir werden auch weiterhin für den Abbau der immer noch bestehenden vielfältigen Diskriminierungen und Benachteiligungen behinderter und schwerbehinderter Menschen Bündnispartner und Netzwerke brauchen und suchen. Die heutige gemeinsame Menschkette ist ein ermutigendes Zeichen.

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